Iranisch gestützte Huthi-Rebellen gegen die international anerkannte jemenitische Regierung von Präsident Hadi, der eine von Saudi-Arabien angeführte arabische Koalition zu Hilfe kommt: Das ist meist der einfache Nenner, auf den der neue Krieg im Nahen Osten gebracht wird. In der Tat hat die Bewegung der zaiditisch-schiitischen Huthis - auch Ansar-Allah-Bewegung genannt, denn ohne religiöse Konnotation geht es in der Region nicht mehr - die politischen Veränderungen im Jemen im "Arabischen Frühling" genützt, um ihren lokalen Aufstand zu einem nationalen politischen Faktor zu machen. Aber was in den vergangenen Monaten geschehen ist, wäre nicht möglich gewesen ohne die Allianz der Huthis mit dem 2012 zum Rücktritt gezwungenen Präsidenten Ali Abdullah Saleh.

Es ist Saleh - der den Huthi-Aufstand als Präsident blutig bekämpft hat, wobei er selbst aus der zaiditischen Minderheit kommt -, der die für die Huthi-Offensive nötige Unterstützung in der jemenitischen Armee und bei den Stämmen außerhalb des Huthi-Einflussbereichs garantiert. Deshalb sieht Saleh seine Chance gekommen, sich selbst wieder als politischen Spieler einzubringen. Er benützt die Huthis ganz so wie sie ihn.

Saudi-Arabien und seine Alliierten, die im Jemen eine exemplarische Auseinandersetzung mit dem Iran sehen, lehnen - zumindest solange die Huthis/Saleh so stark sind - Verhandlungen über eine jemenitische Neuordnung unter Beteiligung aller ab. Aber da die arabische Allianz keine effektiven jemenitischen militärischen Kräfte auf der Seite Hadis hat, mit denen sie zusammenarbeiten kann, wird das Szenario einer Entsendung von arabischen Bodentruppen plötzlich realistisch.

Die saudische Intervention ist auch im Kontext des Machtwechsels in Saudi-Arabien zu sehen: ein Testfall für die neue Politik von König Salman und seine Berater. Die Auseinandersetzung mit dem Iran, das Setzen von roten Linien, hat nun eine klare Priorität vor den innersunnitischen Richtungskämpfen zwischen Muslimbrüder-affinen Ländern und den salafistischen Golfmonarchien.

Katar ist beim Thema Jemen brav in die Arme des arabischen Golfkooperationsrates (GCC) zurückgekehrt, dessen erst vor kurzem aufgestelltes gemeinsames Militärkommando nun seinen Premier feiert. Die Türkei hat die Jemen-Intervention begrüßt - neoosmanische Reflexe mit eingeschlossen -, und es stört die Türken nicht, dass Präsident-Feldmarschall Abdelfattah al-Sisi, den sie noch vor kurzem als Putschisten bezeichnet haben, eine enorm wichtige Rolle spielt. Auch Pakistan soll ins Boot geholt werden, um die regionale Dimension der Auseinandersetzung zu betonen.

Für Ägypten ist Jemen ein historisch aufgeladenes Thema: Die ägyptische Armee kämpfte dort in den 1960er-Jahren ebenfalls gegen Zaiditen, allerdings nicht mit, sondern gegen Saudi-Arabien. Aber das ist Schnee aus Zeiten des Kalten Kriegs.

Heute belebt Sisi, für den der saudische Macht- und Politikwechsel vis-à-vis den Muslimbrüdern eine leichte Verunsicherung brachte, den klassischen Anspruch Ägyptens im arabischen Sicherheitsgefüge wieder (abgesehen von den eigenen Interessen am Roten Meer). Israel applaudiert, und die USA nehmen ihre volle Militärhilfe an Kairo wieder auf. Auch Washington hat Interesse, Iran, Arabern und Israel zu zeigen, dass der Nukleardeal nichts an der US-Sicht auf die Region ändert. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 7.4.2015)