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Seit seinem Amtsantritt als Präsident wurden bereits über 70 Personen wegen "Beleidigung" von Erdogan strafrechtlich verfolgt.

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Weil er einen kritischen Facebook-Eintrag über den Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan auf Facebook mit "gefällt mir" markiert hatte, wurde der türkische Lokaljournalist Yasar Elma in erster Instanz bedingt zu 23 Monaten Gefängnis verurteilt. In der Türkei hat diese eine Diskussion zur Mediengesetzgebung unter Erdogan und den Umgang mit sozialen Netzwerken ausgelöst.

Das zuständige Strafgericht des Bezirks Gaziantep sieht durch das "Like" für den kritischen Beitrag den Tatbestand der "Beleidigung öffentlich Bediensteter" erfüllt. Die Anklage hatte ursprünglich 28 Monate gefordert.

Berufung angekündigt

"Ich habe einfach nur die 'Like'-Funktion bei diesem Eintrag über Erdogan benutzt", sagte der Angeklagte laut Hürriyet gegenüber der Nachrichtenagentur Dogan. Das "Gefällt mir" habe er eine halbe Stunde später wieder zurückgezogen.

Laut seinem Anwalt werde ein nicht näher ausgeführter Begriff in dem Posting als Beleidigung gewertet. Er kündigte an, gegen das Urteil zu berufen und verwies dabei auf vorhergehende Richtersprüche, in denen festgehalten sei, dass öffentliche Amtsträger auch harsche Kritik zu tolerieren hätten. Zudem könne hier sonst ein Präzedenzfall geschaffen werden, da das Gericht hier erstmals ein "Like" als Weiterverbreitung einer Beleidigung sehe und entsprechend bestrafe.

Zahlreiche Fälle

In der Türkei ist für Beleidigung eine maximale Strafe von drei Monaten vorgesehen. Betrifft die fragliche Äußerung jedoch öffentliche Amtsinhaber, erweitert sich der Rahmen auf ein Jahr, erläutert die Hürriyet. Wurde die Beleidigung gegenüber einer größeren Öffentlichkeit getätigt, ist einer weitere Erhöhung möglich.

Seit Erdogans Wahl zum Präsidenten im Jahr 2014 wurden bereits mehr als 70 Personen wegen Beleidigung seiner Person strafrechtlich verfolgt. Zahlreiche Fälle sind auch aus seiner Zeit als Premierminister bekannt.

Türkei sperrt Youtube und Twitter

Unterdessen sind laut Hürriyet Youtube und Twitter – die Plattformen wurden von Erdogan in der Vergangenheit mehrfach scharf kritisiert - in der Türkei aktuell nicht erreichbar. Die Sperre basiert auf einem richterlichen Beschluss. Ursache sind dort verbreitete Fotos von der Geiselnahme im Istanbuler Justizpalast Ende März, auf denen auch eine der dabei zu Tode gekommenen Geiseln zu sehen ist. Die Regierung hatte die Veröffentlichung der Fotos in sozialen Netzwerken und in Medien scharf kritisiert. Einige Medien hätten sich verhalten, als ob sie "terroristische Propaganda verbreiten würden", sagte Erdogan-Sprecher Ibrahim Kalin vor Journalisten.

Ursprünglich war auch Facebook gesperrt worden, ist der gerichtlichen Anordnung zur Entfernung des beanstandeten Bildmaterials aber mittlerweile nachgekommen. Google teilte mit, man sei bemüht, YouTube wieder zugänglich zu machen. (gpi, APA, 06.04.2015)

Update, 06.04.2015, 14:30 Uhr: Artikel hinsichtlich der wieder aufgehobenen Facebook-Sperre aktualisiert.

Update, 06.04.2015, 18:20 Uhr: Artikel erweitert.