Die iranischen Atomanlagen

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Der iranische Außenminister Mohammad Javad Zarif bei seiner Ankunft in Teheran am Freitagmorgen

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Lausanne/Wien – Als der Außenminister und iranische Chefverhandler Mohammed Javad Zarif im Juli 2014 in einem Interview mit der New York Times die iranischen Wunschparameter eines Atomdeals darlegte, war die allgemeine Reaktion: Wenn er das ernst meint, wird das nichts. Damals ging der Iran zumindest nach außen von einer Konservierung seines Urananreicherungsprogramms auf dem aktuellen Stand aus.

Das war auch die Zeit, in der der religiöse Führer eine enorme Zahl von SWUs (Separative Work Units) – damit wird die Zentrifugenleistung gemessen, die ja je nach Typ unterschiedlich ist – nannte, die der Iran in der Zukunft für seinen Bedarf brauchen würde; für den Brennstoff noch zu bauender Atomkraftwerke.

"In allen wesentlichen Punkten Zugeständnisse"

Behrooz Bayat, Atomphysiker und Mitglied der oppositionellen "Vereinigten Republikaner Irans", ist dennoch über die zentralen Elemente des nun geschlossenen Deals nicht überrascht. Dass der Iran ein formales Programm behalten musste, war klar und wurde mit den internationalen Forderungen in Einklang gebracht: "Iran hat in allen wesentlichen Punkten Zugeständnisse gemacht – und das ist so gestaltet und formuliert, dass der Westen beruhigt sein kann und das Regime das Gesicht wahren kann", sagt Bayat am Telefon aus Frankfurt zum STANDARD.

Der Iran darf beschränkt anreichern, aber sein angereichertes Uran nur in sehr beschränktem Umfang behalten, und – wie Bayat schon vor dem Deal prognostizierte – auch die abgebrannten Brennstäbe aus dem Reaktor in Arak würden ins Ausland verbracht werden. Im Iran selbst gebe es ohnehin keine Möglichkeit zur Wiederaufbereitung.

15 Jahre lang keine Zentrifugenforschung

Der Iran hat auf weite Strecken nachgegeben, aber das Rahmenabkommen helfe ihm bei der Gesichtswahrung einerseits, um andererseits die Aufhebung oder Lockerung der Wirtschaftssanktionen sowie die Öffnung zur Welt bewerkstelligen zu können, sagt Bayat. Etwa im Fall des als unterirdische Anreicherungsstätte ausgelegten Fordow, das nun ein Forschungszentrum werden soll, in dem 15 Jahre lang keine Zentrifugenforschung stattfinden und kein spaltbares Material ins Spiel kommen darf. "Wer will da schon hingehen?", fragt Bayat.

Aber die Iraner können behaupten, dass sie Fordow gehalten haben, so wie auch den Reaktor Arak, dessen Kapazität zur Plutoniumproduktion stark verringert wird. Die US-Behauptung zu Arak, dass dessen Reaktorkern eventuell "zerstört" wird, hält Bayat für übertrieben.

Positiver Spin

Die Interpretationsschlacht zwischen USA und Iran begann noch am Donnerstagabend, als Zarif das von den USA unmittelbar nach Verkündigung des Deals herausgegebene "Factsheet", das sich wie eine iranische Kapitulation las, beeinspruchte. Er selbst versuchte dem Deal aber seinerseits einen positiven Spin zu geben – etwa mit der Aussage, dass der Iran sein auf 3,67 Prozent angereichertes Uran "verkaufen" werde. Wenn es brauchbar ist – so klar ist das laut Nuklearexperte Bayat nicht –, dann könnte daraus tatsächlich in Russland Brennstoff produziert werden.

Auf die Formulierung kommt es an: Zarif und die EU-Chefdiplomatin Federica Mogherini sprachen etwa bei ihrem gemeinsamen Auftritt von Freiwilligkeit, wenn der Iran das Zusatzprotokoll zum IAEA-Safeguards-Vertrag (der Rechte und Pflichten eines inspizierten Landes regelt) und den "Modifizierten Code 3.1" akzeptiert, in denen Transparenz- und die Meldungsverpflichtungen verschärft werden.

Joint Comprehensive Plan of Action

De facto ist sehr wohl eine formale Akzeptanz des Iran vorgesehen, wenn das Rahmenabkommen schlagend wird. Dieses heißt übrigens JCPOA: Joint Comprehensive Plan of Action; seit Jänner 2014 lief der JPOA ohne "comprehensive" (umfassend).

Der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien wird eine wichtige Aufgabe zukommen, denn sie liefert die Legitimationsgrundlage für die Aufhebung der Uno-Resolutionen und somit der US-Sanktionen. Wenn alles andere gut läuft, werden auch die Verdachtsmomente zu den "möglichen militärischen Dimensionen" (PMD) auszuräumen sein, meint Bayat. Inwieweit Staaten versuchen werden, die IAEA zu benützen, Druck auszuüben, bleibt zu sehen. Aber mit der Akzeptanz eines Abkommens drückt der Iran sein Vertrauen in eine unabhängige IAEA aus. (ANALYSE: Gudrun Harrer, DER STANDARD, 4.4.2015)