Monika Henzinger: "Ich habe zwei Leben."

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"Ich hab mir selbst beigebracht zu programmieren. Das war in den frühen 1980er-Jahren auf einem Commodore-Computer", erzählt Monika Henzinger. Die 1966 in Bayern Geborene hat sich für die Informatik entschieden, ohne dass es dafür familiäre Vorbilder gab. In der Schule fühlte sie sich aber gut gefördert: "Obwohl ich an einem neusprachlichen Gymnasium war, war ich begeistert von Physik und Mathematik. Wenn ich darüber nachdenke, war es eigentlich meine Französischlehrerin, die mich zur Informatik gebracht hat. Sie hat mir alte Jahrgänge vom PM-Magazin (populärwissenschaftliche Zeitschrift Anm. der Red.) geschenkt und mich bestärkt."

Henzinger besuchte ein Mädchengymnasium, was ihr, wie sie sagt, gutgetan habe: "Mich hat in Mathematik nie jemand entmutigt. Ich sehe das jetzt an meinen Töchtern, bei denen Jungs immer wieder versuchen, sie zu unterbuttern." Gerade in der Schulphase finde sie es wichtig, Mädchen in ihrem Interesse für Naturwissenschaften zu unterstützen.

Aufsteigerin

Henzinger kommt nicht aus einer Akademikerfamilie. "Dass ich studieren konnte, verdanke ich der bayrischen Begabtenförderung. Mein Studium war für die Regelstudienzeit finanziert." In Wien sehe sie oft, dass die Studierenden sich etwas dazuverdienen müssten und das Studium darunter leide. "Das ist schade. Ich muss wissen, dass sich Leistung lohnt", sagt sie. Deswegen sei sie für Leistungsstipendien, wie sie selbst eines gehabt habe.

Nach ihrem Studium in Erlangen und Saarbrücken führte sie ihr Forschungsgebiet, die Algorithmusforschung, aus Deutschland in die USA. 1993 erhielt sie in Princeton ihr PhD und wurde an der Cornell-Universität Assistenzprofessorin. Dort lernte sie ihren Mann, einen Österreicher, kennen, dem sie zwei Jahre später nach Kalifornien folgte. In Palo Alto arbeitete sie am Forschungszentrum der Digital Equipment Corporation: "Das war eine wunderbare Umgebung, sehr anwendungsorientiert", erinnert sie sich. "Dort wurde die Suchmaschine Alta Vista entwickelt."

In einem Forschungszentrum in Stanford habe sie die beiden späteren Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin kennengelernt, die sie zur Leiterin ihrer Forschungsgruppe machten. "Details kann ich keine erzählen", sagt sie, "es war eine spannende Zeit." Nach fünf Jahren ging sie aus familiären Gründen zurück nach Europa. Sie und ihr Mann erhielten beide Professuren an der EPFL in Lausanne in der Schweiz, wo ihr drittes Kind geboren wurde. Seit fünfeinhalb Jahren lebt Henzinger in Wien, ihre Professur übt sie zuerst in Halbzeit aus, seit einem Jahr wieder Vollzeit.

Schöne Doppelbelastung

"Ich habe zwei Leben. Sicher ist das eine Doppelbelastung, aber ich möchte keines missen, nicht die Arbeit und nicht die Kinder", erklärt sie. In den USA sei es völlig normal, dass auch der Mann viel im Haushalt macht. Die Schweiz und Österreich seien da konservativer. Sie habe es sehr geschätzt, dass sie in Wien mit einer halben Lehrverpflichtung starten konnte. "Ich habe zwar nur zu 50 Prozent gearbeitet, aber viele Drittmittel angeworben. Ich habe zweieinhalb Millionen Euro an EU-Forschungsmitteln nach Österreich gebracht."

Ihre Empfehlung für Mädchen mit technischem Interesse: "Sich nicht entmutigen lassen! Männer geben nie zu, wenn sie etwas nicht können. Das heißt nicht, dass sie alles besser verstehen. Sie kommunizieren bloß anders." (Tanja Paar, DER STANDARD, 4./5.4.2015)