• EU-Außenbeauftragte Mogherini gab Durchbruch bei Verhandlungen bekannt
  • Mehr als zwei Drittel der iranischen Kapazität zur Urananreicherung werden auf Eis gelegt
  • Arbeit an einer umfassenden Regelung soll sofort beginnen
  • Obama: Historische Übereinkunft mit Iran

Pressekonferenz von EU-Außenbeauftragter Mogherini und Irans Außenminister Zarif.
European Union/EBS

Lausanne - Bei den Atomverhandlungen mit dem Iran ist ein Durchbruch erzielt worden. Das gab die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Donnerstagabend in Lausanne bekannt. Die fünf UN-Vetomächte plus Deutschland einigten sich mit dem Iran in dem jahrelangen Streit auf die Eckpunkte einer politischen Rahmenvereinbarung.

Die Einigung bildet laut Mogherini die Grundlage für ein umfassendes Abkommen, das bis zum 30. Juni ausgehandelt werden soll. USA und EU werden die Umsetzung der Sanktionen in Zusammenhang mit dem Atomprogramm nach der Einigung auf ein abschließendes Abkommen laut dem iranischen Außenminister Mohammad Javad Zarif ruhen lassen.

Die internationale Gemeinschaft wird den Iran beim Bau eines modernen Schwerwasserreaktors in Arak unterstützen. Der Iran Land werde die Urananreicherung in Natanz fortsetzen, nicht aber in Fordow, kündigte Zarif an.

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Die Außenminister der UN-Vetomächte und Deutschlands sowie der iranische Außenminister Zarif am Donnerstagabend in Lausanne.
Foto: AP Photo/Brendan Smialowski, Pool)

6000 statt 19.000 Zentrifugen

Der Iran wird die Zahl seiner Gasultrazentrifugen zur Urananreicherung nach US-Angaben von 19.000 auf 6.104 reduzieren. Zudem habe sich der Iran bereiterklärt, mindestens 15 Jahre lang kein Uran über 3,67 Prozent anzureichern. Von der Höhe der Anreicherung hängt ab, ob das Uran zum Bau einer Atomwaffe verwendet werden kann.

Mit den Zentrifugen kann Uran zur Energiegewinnung angereichert werden, aber auch für Atomwaffen.

Feiern in Teheran

Nach der Einigung gab es in der iranischen Hauptstadt Teheran spontane Straßenfeste. Laut Augenzeugen feierten in der Nacht auf Freitag in der ganzen Stadt zehntausende hauptsächlich junge Menschen mit Hupkonzerten und dem Slogan "Rohani, Zarif, wir danken euch".

Aus den Lautsprechern der meisten Autos war das Lied "Happy" des US-Musikers Pharrell Williams zu hören. Ungeachtet der strengen Sittenpolizei tanzten zahlreiche junge Männer und Frauen auf den Straßen und riefen den Refrain "Because I'm Happy". Nach Angaben anderer Augenzeugen waren durch die Straßenfeste mehrere Hauptstraßen im Norden der Hauptstadt blockiert.

Reaktionen

US-Präsident Barack Obama bezeichnet die Vereinbarung als historisch. Das Abkommen sei der beste Weg, um zu verhindern, dass der Iran heimlich an einer Bombe baut.

Stellungnahme von US-Präsident Barack Obama.
The White House

Der britische Außenminister Philip Hammond sprach von einer guten Grundlage für ein möglicherweise "sehr gutes Abkommen".

Der iranische Präsident Hassan Rohani bestätigte die Einigung auf Eckpunkte. Die Arbeit an einer umfassenden Regelung beginne sofort.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel begrüßte die Grundsatzeinigung. "Damit sind wir einer Vereinbarung, die dem Iran den Besitz von Atomwaffen unmöglich macht, so nah wie nie", sagte sie. "Das ist ein großer Verdienst aller Verhandlungspartner. Mein besonderer Dank gilt dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier für seinen großen persönlichen Einsatz in den vergangenen Tagen."

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sieht durch die Vereinbarung sein Land bedroht. Ein finales Abkommen auf der Basis des Rahmenabkommens "würde das Überleben Israels gefährden", sagte er nach Angaben seines Sprechers in einem Telefonat mit Obama.

Der israelische Wirtschaftsminister Naftali Bennett kritisierte die Einigung scharf. Sein ironischer Kommentar auf Twitter lautete: "'Frieden in unserer Zeit', 2015. Das radikalste islamische Terrorregime der Welt bekommt ein offizielles Koscher-Zertifikat für sein illegales Atomprogramm."

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) begrüßte den Durchbruch in den Verhandlungen. Nach einer Einigung auf ein endgültiges Abkommen und der Zustimmung des Gouverneursrats stehe die IAEA bereit, die Umsetzung der Vereinbarungen zu überwachen, sagte Generaldirektor Yukiya Amano.

Die Außenminister der fünf UN-Vetomächte, Deutschlands und des Iran verhandelten seit dem Wochenende in Lausanne über ein Rahmenabkommen. Es soll den Iran daran hindern, eine Atombombe zu bauen. Im Gegenzug sollen die vom Westen verhängten Sanktionen schrittweise aufgehoben werden. Die technischen Einzelheiten für das komplizierte Abkommen sollen bis Ende Juni vereinbart werden. (red, derStandard.at, 2.4.2015)