Bühnenbildner Rolf Glittenberg.

Foto: Screenshot/ORF TVthek

Zu vertiefenden Milieustudien reicht es eher selten. Es ist die Seitenblicke-Strecke ja zu zeitasketisch für die zu bewältigende Terminmenge; dem Format wurde einst auch noch der ORF-Kulturauftrag umgehängt. Er wiederum bewirkt allerdings auch schöne Momente. Schließlich erfährt der Reporter quasi inhaltliche Abwechslung; er muss nicht nur berichten, welches Societytoupet wieder beim Friseur war.

Sympathisch dabei Beiträge, in denen Künstler mit den diversen, großen Emotionen, die sie beim Publikum auslösten, öffentlich fertig werden können. Nach Premierenapplaus für die Sänger und den Buhs für die Inszenierung herrscht also auch bei der Feier der Wiener Staatsoper wieder offenherzige Seitenblicke-Stimmung.

Der ausgebuhte Elektra-Regisseur ist zwar nicht zu entdecken. Allerdings wird klar, dass ihm Operndirektor Dominique Meyer sicher Trost bringt: "Ich lese die Kritiken über die frühere Inszenierung" dieses Werkes, so Meyer entspannt. "Harry Kupfer und Claudio Abbado" habe man einst ja auch zunächst ausgebuht. Bei Elektra, dieser gewaltigen Racheoper.

Die fulminante Elektra, Sopranistin Nina Stemme, wiederum bedurfte keiner Tröstung. Sie schwärmte von der Liebe des Publikums, was bei Sängern in Wien natürlich zum guten Ton gehört. Und bevor der Beitrag fast schon ins Kitschige rutschte, kam Bühnenbildner Rolf Glittenberg und bekannte: "Ich bin manchmal rachesüchtig bei kleinen Sachen - ich hasse manchmal Putzfrauen." Die Reporterin geistesgegenwärtig: "Die Putzfrau hasst Sie vielleicht auch." Glittenberg gelassen: "Das hoffe ich!"

Kaum zu glauben, dass dieser heitere Mann kurz zuvor ausgebuht wurde. (Ljubiša Tošić, DER STANDARD, 2.4.2015)