Wien - In die nächste Runde geht der Fall einer Wiener Familie, die offenbar wegen eines Übermittlungsfehlers auf "Finanz Online" eine Pauschalvariante des Kinderbetreuungsgelds in Höhe von rund 600 Euro pro Monat statt des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgelds erhalten hat. Der Bescheid auf Zuerkennung des Kinderbetreuungsgelds (KBG) in der Variante 20+4 Monate wurde damals erst nach der 14-tägigen Einspruchsfrist zugestellt, womit für die Familie auch die Chance vertan war, fristgerecht gegen den Irrtum Einspruch zu erheben.

Gemäß Paragraf 71 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes beantragte die Familie deshalb bei der Wiener Gebietskrankenkassa (WGKK) Ende Jänner die "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand". Zugleich brachte sie noch einmal den Antrag auf einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld ein.

Klage vor Arbeits- und Sozialgericht

Diesen Antrag lehnte die WGKK zwei Wochen später per Bescheid ab – mit Verweis auf den ersten Antrag vom August 2014. Anfang März brachte die Familie schließlich beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eine Klage auf Zuerkennung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgelds ein. Ende März musste sie dann feststellen: Die Sozialversicherung hat die Zahlungen des Kinderbetreuungsgelds gänzlich eingestellt. Es wurden also auch die rund 600 Euro der zuvor zuerkannten Pauschalvariante gestrichen.

Auf Anfrage soll die Familie von der WGKK telefonisch die Auskunft erhalten haben: Eine entsprechende Weisung existiere aus dem Familienministerium. Wer klagt, bekommt demnach vorerst kein Kinderbetreuungsgeld mehr.

Besonders ärgerlich sei, dass die WGKK die Auszahlung unangekündigt eingestellt habe, sagt die Familie. Mit der Einstellung des Kinderbetreuungsgeldanspruchs endete auch der durch den Kinderbetreuungsgeld-Bezug bedingte Versicherungsanspruch für Mutter und Kind, was die WGKK ebenfalls nicht mitgeteilt habe.

WGKK: Auszahlung bei Klagsrückzug oder Verfahrensabschluss

Auf STANDARD-Anfrage bestätigt die WGKK: "Nach Bescheiderstellung wurde das Kinderbetreuungsgeld mit der Variante 20+4 Monate vorläufig mit 31. Jänner 2015 eingestellt, da widersprüchliche Anträge sowie eine Klage eingelangt sind."

Eine weitere Auszahlung sei nur dann möglich, "wenn das Verfahren abgeschlossen wurde". Entweder ziehe die Familie die Klage zurück, oder das Verfahren vor dem Gericht werde rechtmäßig abschlossen, erklärt die WGKK.

Zur Frage, ob das Aussetzen der Zahlung tatsächlich auf eine Weisung des Familienministeriums zurückgehe, verweist die WGKK auf das KGB-Gesetz, darin sei der Zahlungsstopp geregelt. Zudem liege "die Anzahl jener Fälle, bei welchen eine 'falsche' Variante beantragt wurde und im Nachhinein, eigentlich unrechtmäßig, ein Antrag auf KBG mit einer unterschiedlichen Variante gestellt wurde und ein Gerichtsverfahren anhängig war, im einstelligen Bereich." Eine Stellungnahme des Familienministeriums liegt bisher nicht vor.

Paar will Klage aufrechterhalten

Auf den Deal, die Klage zurückzuziehen, will sich das junge Juristenpaar nicht einlassen. "Wir waren immer berufstätig und haben uns den Anspruch auf einkommensabhängiges Kindergeld erarbeitet", sagen sie. Dass aufgrund der Klage auch nicht der zuerkannte Pauschalbetrag von 600 Euro ausbezahlt wird, empfindet die Mutter als "Unrecht gegenüber der Familie, gegen das wir uns wehren wollen".

Vor Gericht vertreten sich die beiden Juristen selbst. "Wenn wir einen Anwalt bezahlen müssten, könnten wir uns das nicht leisten", sagt der Vater. Durch die Ablehnung des Antrags auf einkommensabhängiges Kindergeld verliert die Familie nach eigenen Angaben 10.000 Euro. Die Mutter hat sich entschieden, früher als geplant wieder in den Job zurückzukehren. Bezüglich des Kinderbetreuungsgelds erwarten sie ein "langes und aufwändiges Verfahren". (Katrin Burgstaller, derStandard.at, 2.4.2015)