Bild nicht mehr verfügbar.

Im Jahr 2011 waren knapp 4.000 EHEC-Infektion in 16 Ländern zu verzeichnen.

Foto: APA/Philipp Guelland

Kopenhagen - "Unsere Lebensmittelkette ist heute länger und komplexer als je zuvor. Zudem haben demografische, kulturelle, ökonomische und umweltrelevante Entwicklungen - wie die Globalisierung von Handel, Reiseverkehr und Migrationsströmen, die Bevölkerungsalterung, sich verändernde Konsummuster und -gewohnheiten, neue Technologien, Notlagen, der Klimawandel und extreme Wetterereignisse - eine Erhöhung der lebensmittelbedingten Gesundheitsrisiken zur Folge", meinen Experten aus dem Europa-Büro der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Kopenhagen.

Die Tatsache, dass man unterschätze, wie viele Menschen aufgrund von Chemikalien in der Lebensmittelkette sowie durch weitverbreitete Mikroorganismen wie Salmonellen und Campylobacter erkrankten, sollte an vielen Stellen, die in der Lebensmittelkette tätig sind, die Alarmglocken läuten lassen. "Ein Fehler in der Lebensmittelsicherheit in auch nur einem Glied dieser Kette - von der Umwelt über Primärproduktion, Verarbeitung, Transport, Handel und Gastronomie bis zum Konsum zuhause - kann erhebliche gesundheitliche und ökonomische Auswirkungen haben," betont Zsuzsanna Jakab, die WHO-Regionaldirektorin für Europa.

Probleme sind multifaktoriell

Die Überwachungs- und Meldesysteme in der Europäischen Region der WHO sind begrenzt und könnten nur einen Bruchteil der Fälle aufdecken. In Ländern mit weniger fortgeschrittenen Laborkapazitäten und weniger entwickelten Surveillance-Systemen sei die Dunkelziffer besonders hoch. Für eine wirksame Antwort auf solche Gefahren sind bessere Daten erforderlich, so die WHO.

Die Probleme im Bereich der Lebensmittelsicherheit seien durch vielfältige Faktoren bedingt. So gebe es aufgrund der Nachfrage der Verbraucher einen verbesserten Zugang zu einem breiteren Angebot an Lebensmitteln, die außerhalb der normalen Saison produziert, über Kontinente hinweg transportiert, verarbeitet und außerhalb des Haushalts konsumiert werden.

Nach Zahlen aus dem Welthandelsbericht 2014 betrug die durchschnittliche jährliche Zuwachsrate im Agrarhandel zwischen 1950 und 2010 etwa vier Prozent und lag damit über der jährlichen Zuwachsrate in der weltweiten Landwirtschaftsproduktion mit im Durchschnitt zwei Prozent.

Risiken entlang der gesamten Versorgungskette

Eine Verseuchung aus einer einzigen Quelle kann sich ausbreiten und beträchtliche gesundheitliche und ökonomische Konsequenzen nach sich ziehen: So kam es beispielsweise 2011 bei einem Ausbruch enterohämorrhagischer Escherichia coli (EHEC) in Deutschland und Frankreich, der mit verseuchten Bockshornklee-Sprossen in Verbindung gebracht wurde, zu knapp 4.000 Fällen von EHEC-Infektion in 16 Ländern, darunter mehr als 900 Fälle des hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS), von denen 55 tödlich endeten. Die Verluste für Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie beliefen sich laut WHO auf geschätzte 1,3 Milliarden US-Dollar (1,20 Milliarden Euro).

Die WHO appelliert an die Politik, ausreichende Systeme und Infrastrukturen für Lebensmittelsicherheit aufzubauen und aufrechtzuerhalten, einschließlich der erforderlichen Laborkapazitäten, Surveillance- und Meldesysteme. Darüber hinaus sollten die Risiken entlang der gesamten Versorgungskette beobachtet und beherrscht werden. Schließlich sollte es zu einer übergreifenden Zusammenarbeit zwischen den Bereichen Bevölkerungsgesundheit, Tiergesundheit und Landwirtschaft kommen, fordern die Experten. (APA, derStandard.at, 1.4.2015)