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Helmut Dietl, Regieexperte für Gesellschaftssatiren, ist 70-jährig verstorben.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Wien/München – Bevor er sich fürs Kino, die Gesellschaftssatire begeisterte, gab es den Monaco Franze. Der ließ in seinem Münchner Revier nur wenig anbrennen, fand am Ende aber doch immer wieder nach Hause, zum "Spatzl", zurück. Helmut Fischer verkörperte den Münchner Kommissar der beliebten TV-Serie aus den frühen 1980er-Jahren, eine von Helmut Dietls prototypischen Figuren: Sie ruht authentisch in ihrem Milieu und ragt zugleich schon über dieses hinaus. Bei Dietl waren der Tonfall, das Ambiente regional, die Idee dahinter aber meistens ziemlich mondän.

Sein Interesse an sozialem Aufsteigertum, an Kreisen, in denen gerade etwas in Gange war (oder die Leute sich auch nur entsprechend benahmen), machte Dietl zu einem der bissigsten deutschen Gegenwartsregisseure.

Die 1990er-Jahre waren die Zeit, in der er den Zeitgeist am zielsichersten ins Herz traf. Mit Schtonk! (1992) drehte er nach dem TV-Erfolg mit Kir Royal seit 1979 erstmals wieder fürs Kino. Der Film über die gefälschten Hitler-Tagebücher zeigte sein großes satirisches Talent auf. Dietl verstand sich wie kaum ein anderer darauf, die Eigengesetzlichkeit geschlossener Milieus herauszumeißeln: nach der Schickeria die Amoral der Illustriertenwelt.

Mit Rossini – oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief (1997), den Dietl wieder gemeinsam mit Patrick Süskind schrieb, kehrte er in die bessere Gesellschaft Münchens, die abgeschirmte Parallelwelt der Adabeis zurück. Den Medien, denen er selbst zulieferte, kam er immer näher: In Late Show (1999) trieb er schließlich mit Thomas Gottschalk und Harald Schmidt zwei Showprofis in sein Gehege – der Mangel seiner Distanz zum Sujet wurde dabei zunehmend zum Problem.

Mit Zettl (2012) versuchte der 1944 in Bad Wiessee geborene Regisseur noch einmal an diese Zeit anzuschließen, doch der Film floppte. Seit längere Zeit soll er an einem gemeinsamen Projekt mit Josef Hader gearbeitet haben. Das muss nun jemand anderer vollenden: Am Montag ist Helmut Dietl an Lungenkrebs gestorben. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD, 31.3.2015)