Der eine entspannt, der andere gelöst: Lewis Hamilton und Sebastian Vettel.

Sepang - Sebastian Vettel hatte keine Lust, den emotionalsten Sieg seiner Karriere im Flugzeug zu feiern. Stattdessen buchte der viermalige Weltmeister um und packte mit seinem Ferrari-Team beim Abbau mit an, damit es schneller zur großen Siegesparty ins Teamhotel gehen konnte. "Vielleicht betrinke ich mich heute Abend", sagte der "aufgelöste, aufgewühlte, tief bewegte" Vettel nach seinem ersten Sieg für Ferrari.

"Es ist kein Traum, es ist die Wahrheit", schrieb Corriere dello Sport. Vettel selbst sprach davon, dass sich "nicht nur ein Traum, sondern gleich mehrere Kindheitsträume" erfüllt hätten. Nach dem Rennen nahm der 27-Jährige aus Heppenheim seine Zuhörer noch einmal gedanklich mit auf die Reise. "Ich hatte in den letzten Runden richtig Schiss. Ich habe auf den Wagen geschaut und gedacht: ,Er ist rot, und du bist dabei zu gewinnen'. Dann habe ich gedacht: ,Hör auf zu denken, sonst passiert noch was'", erzählte Vettel erleichtert.

Umdenken

Vettels Dominanz sollte auch das diesmal "nur" auf Rang zwei und drei platzierte Mercedes zum "Umdenken" bringen, sagt Motorsportchef Toto Wolff. "Vielleicht müssen wir künftig auch Entscheidungen treffen, die im deutschen oder englischen Lager unpopulär sind", sagt der Österreicher. Hamilton und Rosberg werden nicht mehr unbedingt mit derselben (Boxenstopp-)Strategie ins Rennen geschickt, auf dass künftig (zumindest) ein Fahrer um den Sieg fahren kann. Zuletzt hatten beide dieselbe Taktik - wegen des internen "Fairplay" und in dem Glauben, dass der Sieg sowieso nur unter den beiden Silberpfeil-Piloten ausgefochten wird.

Tatsächlich erfreut die neue Stärke von Ferrari und Vettel fast die gesamte Formel 1. "Vettel haucht einer Saison neues Leben ein, die nach dem Auftaktrennen noch dem Tode geweiht schien", schrieb sogar der englische Guardian. "Ferrari hat sich zurückgemeldet, und die Formel 1 mit einer starken Scuderia ist einfach ein anderer Sport." Die italienischen Zeitungen loben das Auto, das Sepang-Sieger Vettel einfach "Eva" nennt. Eva fährt laut Repubblica "wie eine Rakete" und verbraucht kaum Reifen.

Vettel, der den 40. Sieg seiner Karriere einfuhr, wird nun quasi ohne Unterlass mit Michael Schumacher verglichen: "Extrovertiert und sympathisch: Vettel ist ein Schumacher 2.0" schreibt Corriere Dello Sport, und Corriere Della Sera mutmaßt: "Sebastian Vettel löscht die Ära Alonso und führt uns direkt dorthin zurück, wo die Erfolgsgeschichte Ferraris unterbrochen wurde: zu Michael Schumacher." (sid, mdt, DER STANDARD, 31.3.2015)