Ein Porträt des Fürsten, das ein Jahrhundert nach seinem Tod angefertigt wurde.

Foto: Museum Schloss Bernburg

Wolfenbüttel/Freiburg - Der Bericht eines Zeitzeugen des Dreißigjährigen Krieges liegt bis heute ungedruckt im Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt. Es handelt sich dabei um das nicht für die Augen einer breiteren Öffentlichkeit bestimmt gewesene Tagebuch von Fürst Christian II. (1599-1656). Nun haben die Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel und die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg einen ersten Teil des Tagebuchs online gestellt.

Der Regent des Teilfürstentums Anhalt-Bernburg hinterließ einen 17.400 handgeschriebene Seiten umfassenden Text, der mit den Jahren 1621 bis 1656 den größten Teil des Dreißigjährigen Kriegs (1618-1648) abdeckt. Die ersten zwei Monate daraus können nun mit Begleitmaterialien und Hintergrundinformationen zu Christian II. im Netz durchgesehen werden. Die Edition besteht aus einem Grundtext, der durch Markierungen für verschiedene Medien - ob online oder gedruckt - verwendet werden kann. Hinzu kommt ein Faksimile des Originaldokuments, das parallel zum Editionstext betrachtet werden kann.

Was einen Fürsten so umtrieb

Das Tagebuch ist nicht nur eine einzigartige Quelle zur Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs, sondern es bietet darüber hinaus Einblicke in die Selbswahrnehmung und Weltsicht eines Reichsfürsten im 17. Jahrhundert. Christian II. verzeichnet ungewöhnlich offen Gefühle und protokolliert sogar gewissenhaft seine Träume.

Beim Schreiben wechselte er mit großer Selbstverständlichkeit zwischen Deutsch und anderen Sprachen, vor allem Französisch, Italienisch und Latein. Hauptthemen des Tagebuchs sind die Verheerungen des Krieges, unter denen das Fürstentum Anhalt-Bernburg besonders zu leiden hatte, und der angestrengte Versuch, den eigenen Status auf Reichsebene und innerhalb der hochadligen Gesellschaft Europas zu erhalten. (red, derStandard.at, 4. 4. 2015)