Wien - Der Zwischenentwurf des neuen ÖVP-Parteiprogramms bestätigt einerseits klassische christlich-soziale Positionen, versucht aber auch, den gesellschaftlichen Wandel zu berücksichtigen. Die insgesamt sechs Kapiteln und die Präambel, die der Zwischenentwurf enthält sollen aber noch breit in der Partei diskutiert werden.

Demokratie und Staat

Neben Bekenntnissen zur parlamentarischen Demokratie, zum "konstruktiven Wettbewerb der politischen Parteien" und dem Rechtsstaat beinhaltet der erste Punkt im Zwischenentwurf des neuen Grundsatzprogrammes auch Diskussionsstoff. "Wir sprechen uns für ein Wahlrecht aus, das klare Regierungsverhältnisse unterstützt und die demokratischen Rechte der Opposition sichert", wird hier ein Mehrheitswahlrecht angedacht.

"Zu hohe bürokratische Lasten" müssten auf ein "erträgliches Maß verringert werden", geht man in Richtung Verwaltungsreform. Ein weiteres Anliegen ist ein "moderner Föderalismus" mit einer "zeitgemäßen Neuordnung der staatlichen Aufgaben und Kompetenzen" sowie transparenter Finanzflüsse. Auch für eine "moderne Netz- und Datenpolitik" setzt sich die Volkspartei im runderneuerten Parteiprogramm ein. Im Entwurf verankert ist auch das Bekenntnis zur allgemeinen Wehrpflicht.

Ökosoziale Marktwirtschaft

Im Wirtschaftspolitischen Kapitel tritt die ÖVP für eine "nachhaltige steuerliche Entlastung der Menschen und Unternehmen" ein. Erwerb von Eigentum müsse gefördert, anstatt Schulden gemacht werden. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes müsse verbessert, Anreize für die Niederlassung internationaler Fach- und Spitzenkräfte geschaffen werden. Die ÖVP setzt sich laut Entwurf auch explizit dafür ein, die Neuverschuldung nachhaltig zu stoppen und den Schuldenstand des Landes abzubauen.

Gesellschaft und Generationen

"Wir bekennen uns dazu den Gesellschaftlichen Wandel in unserer Politik zu berücksichtigen" heißt es im nächsten Kapitel des neuen Parteiprogramms. Als "wesentliche Treiber von gesellschaftlichen Veränderungen" werden unter anderem Demografie, Migration und auch Digitalisierung aufgezählt. Es folgt ein Bekenntnis zum gleichberechtigten, partnerschaftlichen Miteinander von Frauen und Männern in allen Lebensbereichen, etwa auch bei der Entlohnung. Eingefordert wird auch Toleranz gegenüber anderen Lebenszielen und kulturellen Ausdrucksformen.

Traditionsgemäß wird auch das Prinzip Leistung und Eigenverantwortung im neuen ÖVP-Programm hochgehalten. Diese müsse sich lohnen, Hilfe solle nach Möglichkeit stets "Hilfe zur Selbsthilfe" sein. "Wir sehen in der Sozialpolitik kein Monopol des Staates" wird auch festgehalten, Hilfsorganisationen seien künftig verstärkt als Dienstleister staatlich garantierter Leistungen einzusetzen.

Leben und Umwelt

Die ÖVP bekennt sich im Zwischenentwurf zur "uneingeschränkten Achtung vor dem menschlichen Leben - dem geborenen wie dem ungeborenen". In komplexen, ethischen Fragen wie zur Biotechnologie bekennt man sich "zu einer offenen und fundierten Diskussion", nicht alles, was technisch möglich ist, sei auch ethisch richtig, wird aber angemerkt. Sterbende Menschen sollten nicht gegen ihren Willen behandelt werden, heißt es außerdem, aktive Sterbehilfe wird aber explizit abgelehnt.

Im Gesundheitssystem macht die ÖVP einen Vorstoß in Richtung Selbstbehalte, dafür könnten etwa die Sozialversicherungsbeiträge reduziert werden, heißt es im Zwischenentwurf. Auch für eine "ambitionierte Klima- und Anti-Atompolitik" will die Volkspartei einstehen. Das Wohneigentum insbesondere für junge Familien müsse gefördert werden.

Bildung und Kultur

"Wir bekennen uns zu einer differenzierten Schule, die den unterschiedlichen Begabungen und Interessen der Kinder entspricht", bekennt sich die ÖVP weiterhin zum "Erfolgsmodell Gymnasium" und tritt für eine Weiterentwicklung des "erfolgreichen dualen Systems" ein. Im Kindergarten sollen Sprach- und Grundkenntnisse gefördert werden. Sollte dies nicht ausreichen, müssten "gezielte Lernangebote" in Anspruch genommen werden. "Wer die Zukunftschancen unserer Kinder jedoch nicht unterstützt und zusätzliche Bildungsmaßnahmen für sie ablehnt, soll mit staatlichen Sanktionen rechnen müssen", heißt es weiter.

Einen Schwerpunkt will die ÖVP auch in diesem Bereich auf neue Medien legen. Der kritische und überlegte Umgang mit digitalen Produkten müsse gefördert werden. In der Kunst- und Kulturförderung spricht sich der Zwischenentwurf für mehr privates Engagement in der Förderung aus.

Europa und die Welt

Ein klares Bekenntnis zur Europäischen Union darf im neuen Programm der ÖVP natürlich nicht fehlen. "Mit Blick auf die Weiterentwicklung der EU treten wir für eine gemeinsame europäische Armee ein" wird sogar am Prinzip der Neutralität gerüttelt. Ein Bekenntnis gibt es auch zur Aufnahme von (politischen und religiösen) Flüchtlingen. Illegale Migration müsse in Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern verhindert werden. (APA, 29.3.2015)