Manchmal stellt sich die Frage: Was muss noch passieren, damit etwas passiert? In Wien zum Beispiel. Da werden die Grünen vom Koalitionspartner SPÖ durch einen Abgeordnetenwechsel maximal gedemütigt, das Wahlrecht bleibt unverändert, und der kleine Koalitionspartner verkündet: Wir bleiben in der Regierung.

Welch größere Demütigung kann es für einen politischen Partner noch geben als einen Abgeordnetenswap kurz vor einer entscheidenden Abstimmung? Die Sozialdemokraten zeigen, wer in Wien ihrer Meinung nach das Sagen zu haben hat. Aber warum machen die Grünen da noch mit? Die Stadtgrünen wollen die begonnene Regierungsarbeit zu Ende führen, so Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou - trotz der "Tricks" der SPÖ. Die Grünen argumentieren rational mit Verweis auf umgesetzte und geplante Projekte; emotional ist die Entscheidung schwer nachvollziehbar.

Die Grünen wollen auch nach der Wahl in eine Regierung mit diesem Koalitionspartner. Das Finden einer Vertrauensbasis mit der rabiaten Bürgermeisterpartei wird kompliziert, wenn nicht unmöglich. Die SPÖ geht aus diesem Spiel gestärkt heraus, die Grünen mit angekratztem Selbstvertrauen und der Hoffnung auf Stimmenzuwachs, um nach der Wahl eine größere Rolle zu spielen. Der Austritt aus der Koalition wäre aus psychohygienischen Gründen wohl eine angemessenere Reaktion gewesen. Durch ihr Handeln demütigen sich die Grünen noch einmal selbst. (Sebastian Pumberger, DER STANDARD, 30.3.2015)