Brüssel/Wien - Eine neue EU-Regelung könnte die Arbeit von Whistleblowern, Betriebsräten, investigativen Journalisten massiv behindern. Konkret geht es um eine Richtlinie, die derzeit im EU-Parlament debattiert wird, die Unternehmensgeheimnisse schützen soll. Wie "Profil" berichtet, sollen demnach künftig so gut wie alle internen Dokumente unter die Regelung fallen, was bedeuten würde, dass daraus nicht mehr öffentlich zitiert werden dürfte. Oder nur unter unter strengen Auflagen.

Von Whistleblowern enthaltene Informationen dürften nur noch verwendet werden, so sie einen Misstand im öffentlichen Interesse betreffen, der durch die Veröffentlichung von Unternehmensgeheimnissen aufgedeckt werden kann. Für Journalisten bedeute dies, dass sie künftig checken müssen, ob die Unterlagen dem Rechtsbegriff des "allgemeinen Interesses" unterliegen.

Für investigative Journalisten hätte die Regelung weitreichende Folgen. Experten befürchten, dass die Regelung missbräuchlich verwendet werden könnte. Laut Artikel 3 der Richtlinie ist "die Veröffentlichung eines Unternehmensgeheimnisses dann ungesetzlich, wenn sie ohne Erlaubnis des Unternehmens und durch eine Person, die das Geheimnis ,illegal erwirbt' oder durch eine Vertrauensvereinbarung gebunden ist, erfolgt", berichtet "Profil". Investigative Journalisten würden präventiv eingeschüchtert.

Die SPÖ-Europaabgeordnete Evelyn Regner fürchtet zudem Auswirkungen auf die Arbeit von Betriebsräten: Es sei nicht klar, ob ein Betriebsrat künftig die Belegschaft über geplante Personalkürzungen informieren dürfe oder ob dergleichen auch unter das Firmengeheimnis fiele.

Der Richtlinien-Vorschlag greife keinesfalls in nationales Strafrecht, betont die EU-Kommission. Es gehe darum, die derzeit unterschiedlichen nationalen Richtlinien für Verletzungen von Firmengeheimnissen zu harmonisieren. In Österreich soll die Regelung noch vor dem geplanten Beschluss im Sommer in einem "Trilogverfahren" noch einmal in den Ministerrat. Laut "Profil" ist das die letzte Möglichkeit, die Richtlinie in Bezug auf Pressefreiheit zu überarbeiten. (red, 29.3.2015)