Heinz-Christian Strache hat viele internationale Freunde: neben dem russischen autoritären Herrscher Wladimir Putin auch den niederländischen Islamhasser Geert Wilders, mit dem er am Freitag einen Vortragsabend in der Wiener Hofburg veranstaltete. 2011 hatte Strache in einem Interview gesagt, Wilders sei ein Strohfeuer und ihm vielleicht ein bisserl zu radikal, er strebe keine Zusammenarbeit an. Also diskutieren sie nun gemeinsam über die Gefahr der Islamisierung Europas.

Die beiden haben übrigens eine weitere Gemeinsamkeit: Im Unterschied zu vielen anderen Rechten suchen sie Kontakt zu Israel, allerdings nur zur extrem rechten Siedlerbewegung. All das ist ein weiteres Kapitel in der großen Debatte, ob der Islam zu Deutschland, Österreich, den Niederlanden "gehört" oder nicht. Die Frage verlangt nach genauer Diskussion. Der Islam gehört in dem Sinn zu Deutschland und Österreich, dass dort etwa vier bzw. sechs Prozent Muslime (davon ein beträchtlicher Teil als Staatsbürger des betreffenden Landes) dauerhaft leben und ein beträchtlicher Teil diese Religion auch intensiv ausübt. Ob der Islam in der säkular-demokratisch-liberalen Grundordnung Europas schon unzweifelhaft angekommen ist, bleibt eine andere Frage.

In einer Pressekonferenz am Freitagnachmittag empfahl Wilders, man möge europäische Jihadisten doch frei ausreisen, aber nicht wieder einreisen lassen. Wenn sie im Irak oder in Syrien Verbrechen verübten, so sei das bedauerlich, aber besser dort als bei uns. Strache sprach von "Teufelskriegern" und empfahl, die Rückkehrer aus dem Jihad mittels "Sicherheitsverwahrung" daran zu hindern, sich "ungehindert in unserer Gesellschaft bewegen zu können". "Sicherheitsverwahrung" von politisch Verdächtigen gibt es allerdings nur in Diktaturen (in der NS-Zeit hieß das "Schutzhaft").

Wer Wilders jemals bei einer Wahlrede erlebt hat, weiß, dass auf die Wiener Zuhörer eine kleine Enttäuschung wartete. Der frühere Versicherungskaufmann mit den eierspeisgelb gefärbten Haaren ist ein monotoner, zurückhaltender Redner, kein Volkstribun. Dass er trotzdem mit seiner Partei zur drittstärksten Kraft in den Niederlanden aufsteigen konnte, ist ein Phänomen in der an sich eher liberalen niederländischen Gesellschaft. Die Gründe liegen in dem, was der bekannte ehemalige sozialdemokratische Bürgermeister des Berliner Stadtteils Neukölln, Heinz Buschkowsky, in einem Zeit-Streitgespräch mit SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi als das Hauptproblem ausmachte: "Es gibt Parallelgesellschaften, in denen man die deutsche Sprache nicht benötigt und unsere Lebensart als sündig verpönt ist."

Da ist was dran, aber die entscheidende Frage der nächsten Jahre ist, wie man damit praktisch und in der Diskussion umgeht: auf eine zivilisierte, demokratische Weise oder mit den (im Übrigen auch völlig unpraktikablen) Rezepten von Strache oder Wilders. Dessen Stern ist zu Hause übrigens im Sinken. Er ist den Niederländern zu radikal geworden und hat in den Umfragen stark verloren. Das ist freilich ein Unterschied zu Strache und Österreich. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 28.3.2015)