Die Vorarlberger Künstlerin Carmen Pfanner wohnt im Bregenzer Herz-Jesu-Pfarrhaus zur Miete. Sie schätzt die Ruhe im Haus und die ungewöhnliche Architektur der Dachwohnung, erzählte sie Jutta Berger.

"Im Pfarrhaus zu wohnen ist zwar ungewöhnlich, aber es lebt sich gut hier. Wir wohnen im Dachgeschoß, in den unteren Geschoßen wohnt und arbeitet der Pfarrer, dort ist auch die Notwohnung der Pfarre. Manchmal haben wir das Gefühl, hier allein zu wohnen, so ruhig ist alles.

Ziemlich verwinkelt sei die Wohnung, das mache kreative Gestaltung schwer, sagt Carmen Pfanner. Am Wohnen im Pfarrhaus schätzt sie vor allem die Ruhe mitten in der Kleinstadt. (Bildansicht durch Klick vergrößern)
Foto: Christian Grass

Das Haus wurde 1916 im Jugendstil errichtet. Davon merkt man aber im Dachgeschoß nicht mehr viel. Durch den Dachbodenausbau hat die Wohnung eine ganz spezielle Innenarchitektur. Sie ist sehr verwinkelt, hat viele Dachschrägen. Eigentlich wirkt sie dadurch etwas unruhig, was aber wieder durch die weißen Wände und Decken ausgeglichen wird.

Die Stauräume sind alle eingebaut, da bleibt nicht viel Freiraum für Kreativität. Es gibt wenig Flächen, die man vermöbeln kann. Hier muss ich mich nach dem Raum richten, nicht nach den Ideen, die ich hätte. Am liebsten hätte ich ja eine Wohnung, in der alle Möbel, die mich umgeben, selbst gemacht sind.

Ich mag nichts von der Stange. Deshalb kaufe ich gerne schöne Stücke beim Antiquitätenhändler oder beim Trödler, von denen ich denke, dass es sie nur noch einmal gibt. Manche gestalte ich dann, beispielsweise den Küchentisch. Den habe ich teilweise mit Strukturpapier beklebt, die Oberfläche eingefärbt, die Tischplatte habe ich entfernt. Im Korpus liegen nun alte bestickte Kleidungsstücke aus verschiedenen Teilen der Welt. Die Tischplatte aus Glas darüber macht sie zur Installation.

Ich koche leidenschaftlich gerne, deshalb ist für mich die Küche der zentrale Raum. Eine Spezialistenküche mit allen möglichen Geräten oder zwei Backrohren brauche ich aber nicht. Wichtiger sind mir Stauräume. Leider haben wir hier nicht genug, so hab ich beim Umzug viel Geschirr verschenkt oder in der Werkstatt untergebracht.

Umgezogen sind wir in den letzten zwölf Jahren oft. Vom Hochhaus aus den Siebzigerjahren in ein altes Stadthaus, wieder in ein Hochhaus, dann in ein Bregenzerwälder Bauernhaus. Umziehen hat seinen Reiz. Man kann immer wieder neu einrichten, neue Ideen finden. Der Nachteil: Ich muss die gewohnte Ordnung wieder verlassen. Das ist gar nicht so leicht, weil ich ein sehr systematischer Mensch bin, meine Schublädle brauche.

Ich sammle Sachen, von denen ich das Gefühl habe, dass sie für immer verloren sind, wenn ich sie nicht mitnehme. An den alten Dingen mag ich, dass sie handgemacht sind. Auch wenn das komisch klingt, für mich haben sie eine Seele. Hier in der Wohnung stehen nicht so viele dieser Sammelstücke, dafür hab ich ja meine Werkstatt. Die ist die Konstante in meinem Wohnleben.

Dort, in einem früheren Kraftwerk, verbringe ich die meiste Zeit - mit meiner Berufung, dem Stoff. Am liebsten mag ich Samt, aber auch Leinen und beschichtete Materialien - alles, was eine besondere Oberfläche, einen Griff hat. Die textilen Techniken habe ich von Grund auf gelernt. Erst wenn man die traditionellen Handwerkstechniken beherrscht, kann man selbst Techniken entwickeln, experimentieren. Der Übergang vom Kunsthandwerk zur Kunst war bei mir fließend. An der künstlerischen Arbeit mag ich die Kompromisslosigkeit.

Ich muss mich mit allem, was ich mache, ganz identifizieren können. Das gilt auch für meine Gebrauchsarbeiten. Mein Traum wäre, für jemanden ein Haus oder eine kleine Pension komplett nach meinen Ideen einzurichten.

Ein eigenes Haus? Da bin ich wahrscheinlich zu alt. Oder vielleicht entwerfe ich doch noch unser Haus? Ich würde uns einen Turm bauen, einen Turm aus Beton und Holz." (DER STANDARD, 28.3.2015)