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Ein Hubschrauber in Seynes-les-Alpes, nahe der Absturzstelle.

Foto: Reuters/Horcajuelo

Marseille/Berlin - Nach der Erkenntnis, dass die Germanwings-Maschine mit 150 Menschen an Bord vom Copiloten offenbar absichtlich gegen die Felswand in den französischen Alpen gesteuert worden ist, läuft weiter die Suche nach dem Motiv. "Es ist davon auszugehen, dass der Copilot bewusst die Zerstörung des Flugzeuges eingeleitet hat", hatte der Marseiller Staatsanwalt Brice Robin am Donnerstag erklärt. Auch Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte sich dieser Annahme angeschlossen.

Warum Copilot Andreas L. die Maschine zum Absturz brachte, konnte der Staatsanwalt nicht sagen. "Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen deutet nichts auf einen Anschlag hin", sagte Robin. Das Wort Selbstmord wollte er nicht in den Mund nehmen. "Ich habe Probleme mit dem Begriff Selbstmord, wenn man 150 Menschen in den Tod mitreißt", betonte er. Die Familie des Copiloten sei zum Trauern nach Frankreich gekommen und werde getrennt von den anderen Hinterbliebenen betreut.

Die französischen Ermittler baten ihre deutschen Kollegen um Informationen zu den Lebensumständen von Andreas L., der aus dem rheinland-pfälzischen Montabaur stammte und von Bekannten als beliebt, ruhig und unauffällig beschrieben wird. Die Staatsanwaltschaft führte Durchsuchungen in Düsseldorf und Montabaur durch, wo der 1987 geborene Copilot wohnte.

Rätseln über mehrmonatige Ausbildungsunterbrechung

Lufthansa-Chef Spohr hatte am Donnerstag von einer mehrmonatigen Ausbildungsunterbrechung des Copiloten berichtet, ohne die Gründe dafür zu nennen. Einige deutsche Medien, darunter die "Bild"-Zeitung, berichten mittlerweile, dass der Copilot damals wegen einer "schweren depressiven Episode" pausiert habe und auch zuletzt in regelmäßiger medizinischer Behandlung gewesen sei. Dafür gibt es aber keine gesicherten Anhaltspunkte.

Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) fordert nach dem Absturz regelmäßige medizinische Spezialtests von Piloten. Diese Untersuchungen müssten sowohl die psychische als auch die körperliche Fitness der Piloten prüfen, erklärte die UNO-Organisation am Donnerstag. Sollten die Testergebnisse Anlass zur Sorge geben, müssten auch neuropsychologische Untersuchungen in Erwägung gezogen werden, erklärte die ICAO.

Die letzten Minuten der Passagiere

Was die beim Absturz getöteten Passagiere betrifft, so hätten sie vermutlich erst im letzten Moment erkannt, dass sie gleich sterben würden, sagte der Marseiller Staatsanwalt Robin. Ganz am Ende der Aufnahmen des Stimmenrekorders seien Schreie zu hören. Unmittelbar darauf sei der Airbus A320 zerschellt. Der Staatsanwalt berief sich auf das Protokoll der letzten 30 Minuten vor dem Absturz von Flug 4U9525, das anhand der Rekorderaufnahmen aus dem Cockpit erstellt wurde.

Bei dem Absturz am Dienstag etwa 100 Kilometer nördlich von Nizza kamen alle 144 Passagiere und sechs Besatzungsmitglieder um. (APA, Reuters, red, 27.3.2015)