Die von Saudi-Arabien angeführte Militäroffensive im Jemen gegen die Huthi-Rebellen und ihre Verbündeten - in erster Linie den 2012 zum Rücktritt gezwungenen Expräsidenten Ali Abdullah Saleh und die ihm loyalen Truppenverbände - hat gleich mehrere Ziele.

Unmittelbar ist Saudi-Arabien vor allem daran interessiert, Aden und den vom größten Teil der internationalen Gemeinschaft als legitim anerkannten Präsidenten Abd Rabbo Mansur Hadi abzusichern. Es gilt akut zu verhindern, dass die Huthis nach Sanaa und Taiz auch noch die derzeitige "temporäre Hauptstadt" des Jemen überrennen. Dass die von einem zaiditisch-schiitischen Clan ausgehende Bewegung von den sunnitischen arabischen Staaten als Agent des Iran gesehen wird, macht die Sache für die Staaten des arabischen Golfkooperationsrats, die außer dem Oman alle an den Operationen beteiligt sind, noch dringlicher.

Noch ist die erklärte Absicht die Rückkehr zum Verhandlungstisch, sie soll durch den Aufbau maximalen Drucks durch Luftangriffe und eine Blockade aus der Luft und von der See erzwungen werden: Anders als in Syrien erkennt Riad an, dass es, will man den bitterarmen und fragilen Jemen vor dem endgültigen Absturz ins Chaos bewahren, eine zwischen den disparaten jemenitischen Gruppen ausgehandelte Lösung braucht. Das heißt, dass der für politisch tot gehaltene Saleh wieder zum Spieler wird, und das war wohl auch sein Ziel.

Manche Beobachter meinen, die Eskalation im Jemen mit ihrer verworrenen Genesis habe den Zweck, die internationalen Atomgespräche mit dem Iran, die soeben in eine entscheidende Phase gehen, zu sabotieren. Teheran hat die arabische Intervention im Jemen scharf verurteilt - zu der laut Riad die USA konsultiert wurden, ihren Sanktus erteilten und logistische Unterstützung liefern. Und die beiden Außenminister der USA und des Iran sitzen einander soeben in Lausanne gegenüber.

Das Eingreifen Saudi-Arabiens im Jemen wurde von den Geschehnissen der letzten Tage ausgelöst, aber es hat wohl in der Tat auch etwas mit der US-iranischen Annäherung zu tun: Saudi-Arabien sendet ein starkes Signal, dass es, auch wenn der Iran aus der internationalen Isolation herauskommen sollte, eine weitere Verschiebung des Gleichgewichts in der Region nicht dulden wird. Diese Verschiebung ist seit 2003 - als die USA im Irak Saddam Hussein beseitigten - im Gange.

In Teheran haben zuletzt immer wieder Offizielle lautstark auf den wachsenden iranischen Einfluss in der Region, auch im Jemen, verwiesen. Das mag eine Taktik zur Beruhigung der Hardliner sein, die davon ablenken soll, dass dem iranischen Regime, wenn es eine Lösung im Atomstreit will, schmerzliche Konzessionen bevorstehen: Aber für Saudi-Arabien war mit der iranischen Angeberei eine rote Linie erreicht. Im Jemen wird nun ein Exempel statuiert.

Die US-Rolle ist dadurch charakterisiert, dass fast zeitgleich mit der saudischen Operation im Jemen im irakischen Tikrit US-Luftschläge auf der Seite der irakischen Regierung - und ihrer iranischen Militärberater - begannen. Washington hat nicht, wie manche Araber meinen, das Bündnis gewechselt. Aber sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass die USA ihr Engagement im Nahen Osten zurückfahren. Und Saudi-Arabien unter einer neuen Führung scheint die Herausforderung anzunehmen. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 27.3.2015)