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Staatspräsident Reuven Rivlin gab Netanjahu den Auftrag zur Regierungsbildung.

Foto: AP / Sebastian Scheiner

Nach dem deutlichen Wahlsieg von Benjamin Netanjahus konservativer Likud-Partei gab es für Israels Staatspräsident Reuven Rivlin gar keine andere Möglichkeit: Er beauftragte den Premier am Mittwochabend, auch die nächste Regierung zu bilden. Netanjahu hat nun dafür vier Wochen Zeit, und die Frist könnte dann noch ein einziges Mal um zwei Wochen verlängert werden. Aber wegen des übertriebenen Selbstbewusstseins der kleinen Rechtsparteien wird die Aufgabe mehr Zeit und Nerven erfordern, als angesichts der klaren Ausgangslage zu erwarten war.

Netanjahu versuchte abermals, seine Bemerkung über die Nichtrealisierbarkeit eines Palästinenserstaats zu überspielen, die das Zerwürfnis mit den USA verschärft hatte: "Unsere Hand ist in Frieden zu unseren palästinensischen Nachbarn ausgestreckt. Wir schätzen unser Bündnis mit dem besten unserer Freunde, den USA, sehr; doch wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, die Vereinbarung mit dem Iran zu verhindern, die uns, unsere Nachbarn und die Welt gefährdet."

Schwieriger Ausgleich

Auf den ersten Blick scheint sich für Netanjahu nur eine einzige Lösung anzubieten: eine schmale Koalition von fünf rechten und religiösen Parteien, ergänzt durch die neue Zentrumspartei des Likud-Abtrünnigen Moshe Kahlon. Dem sind vor allem Wirtschaftsreformen wichtig, und Netanjahu hat ihm bereits das Finanzministerium versprochen. Aber gerade weil die Koalition so schmal wäre, ist Netanjahu von jedem einzelnen der kleinen Partner abhängig, was manche ausnützen: So will Avigdor Lieberman Verteidigungsminister werden, obwohl er auf fünf Prozent abgestürzt ist: "Es geht nicht um die Mandate, sondern um die Fähigkeiten und die Erfahrung", pries Lieberman sich selbst an. Kahlon wiederum hat am Donnerstag den ersten Verhandlungstermin platzen lassen, weil man hinter seinem Rücken anderen Parteien Versprechungen gemacht habe.

Medien spekulieren, dass Netanjahu am Ende doch zu einer großen Koalition mit der Arbeiterpartei umschwenken könnte. "Wir machen bei diesem Spiel nicht mit", hieß es bei den Sozialdemokraten, "Bibi will uns nur ausnützen, um den Preis zu drücken." Aber wenn kurz vor Fristende noch keine neue Regierung steht und daher Neuwahlen drohen, könnte die Arbeiterpartei schon aus Staatsräson ein Angebot kaum ablehnen. (Ben Segenreich aus Tel Aviv, DER STANDARD, 27.3.2015)