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Der US-Amerikaner Jason Barnum, ein zu 22 Jahren Haft verurteilter Polizistenmörder, wird wegen seines schwarz eingefärbten Augapfels auch "Eyeball" genannt.

Foto: AP/Marc Lester

Tattoos sind keine Randerscheinung mehr: Laut einer IMAS-Umfrage aus dem Jahr 2013 trägt knapp jeder fünfte Österreicher zumindest ein buntes oder monochromes Motiv auf seiner Haut. In der Gruppe der 16- bis 29-Jährigen sind es sogar 29 Prozent. Als Hauptgrund geben die Befragten an, so ihrer Persönlichkeit zusätzlichen Ausdruck verleihen zu können.

Dass die Körpermodifikation mit der Nadel wahrlich ins Auge gehen kann, zeigte unlängst der Fall des US-amerikanischen Dancehallmusikers "Mace", der im Wettstreit um Aufmerksamkeitsoptimierung eine drastische Maßnahme ergriff: Er ließ sich seine Augäpfel tätowieren und wäre beinahe erblindet.

Seit geraumer Zeit mehren sich auch auf Instagram und Pinterest Selfies von Tattoo-Aficionados, die stolz ihre blauen, grünen oder schwarzen Augäpfel präsentieren. Ein Trend zur Selbstdarstellung, der nicht ungefährlich ist, wie die Wiener Fachärztin für Augenheilkunde und Optometrie, Irmgard Gruber, betont: "Da 'Eyeball-Tattoos' noch ein relativ junges Phänomen sind, gibt es kaum noch Erfahrung bei der Durchführung des Eingriffs."

Zudem kritisiert die Expertin die mangelnde Einhaltung von Hygienestandards, die man auf einschlägigen Youtube-Videos offen zur Schau stellt: "Hier wird zum Teil ohne Handschuhe gearbeitet. Von einer sterilen Abdeckung, wie sie bei Augenoperationen üblich ist, ganz zu schweigen."

Allergische Reaktionen besonders problematisch

Beim Augapfel-Tattoo wird Farbe in die oberen Schichten der Lederhaut gespritzt, also streng genommen nicht tätowiert. Bis zu 40 Stiche sind notwendig, um das Weiß in strahlendes Blau oder giftiges Grün zu verwandeln. Wird die Tinte lediglich unter die Bindehaut injiziert, ist der Effekt nur kurzfristig, da die Tinte über das Lymphsystem wieder resorbiert werden kann.

Mögliche Spätfolgen des Eingriffs sind in beiden Fällen - im wahrsten Sinn des Wortes - unabsehbar: "Das kann von einer Infektion oder Entzündung über eine allergische Reaktion bis hin zu Blutungen und einer Netzhautablösung reichen, wenn etwa mit der Nadel zu tief in das Auge eingedrungen und die Leder- oder Netzhaut durchstoßen wird", warnt Gruber. Das Worst-Case Scenario: Erblindung.

Der Medizinerin zufolge stellen allergische Reaktionen ein besonderes Problem dar, weil die Tinte nicht wieder aus dem Auge entfernt werden kann. Zudem fehle es an toxikologischen Studien, da es keine Farben gebe, die extra für diese Art der "Tätowierung" zugelassen sind.

Nur etwas für Freaks

Dass die Farbstoffe bereits bei großflächigen Hautbildern negative Auswirkungen auf die Augengesundheit haben können, zeigte eine Studie der Johns Hopkins University in Baltimore aus dem Jahr 2014. Innerhalb von 18 Monaten wurden dort sieben Patienten mit Hautreaktionen im Bereich der Tattoos und simultaner Entzündung von Iris beziehungsweise Aderhaut (Uveitis) behandelt. Als Ursache vermuten die Forscher toxische Inhaltsstoffe in der Tinte wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PVK) und Phenole, die möglicherweise derartige Immunreaktionen auslösen.

Die Wiener Tattoo-Szene dürfte den farbenfrohen Augäpfeln jedenfalls ablehnend gegenüberstehen. Mehrere Studiobetreiber betonen auf Anfrage von derStandard.at, dass sie solche Körpermodifikationen weder anbieten noch durchführen würden. Ihr Fazit: "Das ist nur etwas für eine Handvoll Freaks. Mit Kunst, die regelrecht unter die Haut geht, hat das nichts zu tun." (Günther Brandstetter, derStandard.at, 2.4.2015)