Wien - Bei der Regierungsklausur in Krems sorgte das geplante Wohnbaupaket hinter den Kulissen für schlechte Stimmung. Wie berichtet, vergibt der Bund 500 Millionen Euro an Haftungen und will damit Wohnbauträger zu Investitionen von fast sechs Milliarden bis 2020 animieren. In Regierungskreisen wurde in Krems aber die Befürchtung geäußert, die Länder könnten diese Initiative nutzen, um ihre Bautätigkeiten zu reduzieren und somit Geld zu sparen. Finanzminister Hans Jörg Schelling soll das verhindern und mit den Ländern die Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderung verhandeln.

Der STANDARD nimmt die Debatte zum Anlass, um die bisherige Praxis der Bundesländer unter die Lupe zu nehmen. Was zunächst auffällt: Die Einnahmen, die sie im Zuge des Finanzausgleichs bekommen, sind zwischen 2008 und 2013 stark gestiegen - von 9,96 auf 14,48 Milliarden Euro. Das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Steigerungsrate von satten 7,8 Prozent.

Bei der Wohnbauförderung spiegelten sich die sprudelnden Einnahmen aber nicht wider. Lediglich in den Jahren 2009 und 2010 gab es etwas höhere Ausgaben (2,8 bzw. 2,9 Milliarden), ab 2011 lag man de facto wieder auf dem Niveau von 2008, wobei es regional aber durchaus größere Schwankungen gab - wie diese Grafik zeigt.

Kaum Druckmittel

Könnte nun die Wiedereinführung der Zweckbindung bei der Wohnbauförderung als Druckmittel gegen die Länder dienen? Wohl kaum. Zumindest nicht, wenn man dieselbe Regelung wieder einführt, die bis 2008 galt. Zur Erinnerung: Zwischen 1996 und 2008 gab es vom Bund einen jährlichen Fixbetrag von 1,78 Milliarden Euro für die Länder, der explizit nur für Wohnbauprojekte verwendet werden durfte. Seit 2009 gibt es diese Zweckbindung nicht mehr. Das Geld fließt quasi ohne "Mascherl" in die Budgets der Länder, kann also auch für andere Dinge verwendet werden.

Die Zahlen zeigen also: Bei einer Zweckbindung im Ausmaß von 1,78 Milliarden Euro hätte kein Bundesland einen Handlungsbedarf, weil ohnehin weit mehr über die Wohnbauförderung ausgeschüttet wird (2013 waren es 2,67 Milliarden Euro).

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Die stark gestiegenen Einnahmen der Länder flossen nur teilweise in den Wohnbau
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Trotz Zweckbindung könnten die Länder also ihre Ausgaben reduzieren und würden noch immer die Vorgaben des Finanzministeriums erfüllen. Als Druckmittel würde sie also nur dienen, wenn die Grenze wesentlich höher als bei 1,78 Milliarden Euro angesetzt wird. Ein Beispiel: Würde man sie an die Entwicklung der Baukosten seit 1996 anpassen, müssten derzeit 2,9 Milliarden für den Wohnbau zweckgebunden ausgegeben werden. Dann hätten sehr wohl einige Länder ein Problem.

Spannende Verhandlungen

Die Verhandlungen für einen neuen Finanzausgleich - sie beginnen im Mai - dürften also spannend werden. Dort ist aber nicht nur ein Match Bund gegen Länder zu erwarten, sondern auch eines Wien gegen Niederösterreich. Wolfgang Sobotka, Niederösterreichs Finanzlandesrat, ist nämlich der Meinung, Wien bekomme zu viel Geld für den Wohnbau. Die Bundeshauptstadt profitiere noch immer von einem historischen Verteilungsschlüssel, der nach dem Zweiten Weltkrieg eine Bevorzugung wegen der massi- ven Bombenschäden vorsah. Man fordere nun eine "gerech- tere Lösung", hieß es im Büro Sobotkas.

Wiens Wohnbaustadtrat Michael Ludwig will davon nichts wissen. Wien sei eine wachsende Stadt, der Bedarf nach Wohnungen sei daher steigend. "Das muss entsprechend berücksichtigt werden", erklärt eine Sprecherin.

Mit einem raschen Abschluss der Verhandlungen ist freilich nicht zu rechnen. Vor der Wien-Wahl, die voraussichtlich im Oktober stattfindet, wird mit keinem Ergebnis gerechnet. (Günther Oswald, DER STANDARD, 27.3.2015)