Da hat der STANDARD aber Glück gehabt. Wie schlimm es einen erwischen kann, mussten unlängst die Kollegen von der Presse erfahren. In einem Leserbrief beschied ihnen Mag. Martin Brandl, Pressesprecher der ÖVP Niederösterreich, dass er wegen "laufender Verunglimpfung der Bundesländer" sein Abonnement kündigt. Dem STANDARD blieb diese Höchststrafe bislang erspart. Dank Peter Kirchweger, Erwin Prölls Pressereferent - ein Job, dessen hierarchisches Verhältnis zur Tätigkeit Mag. Brandls vergleichbar ist mit jenem zwischen dem Pressesprecher des Papstes und dem der Schweizergarde.

Anstelle einer Kündigung beließ es Kirchweger bei einer Ermahnung für meine letzte Kolumne, in der ich über mehrere in den Niederösterreichischen Nachrichten abgedruckte Fotos zu berichten wusste, in die Pröll offensichtlich mittels Fotomontage hineinmanipuliert worden war. Verblüffenderweise scheinen diese Degradierung Prölls zum fotografischen Pappkameraden und die dadurch ausgelösten Zweifel an der Wahrhaftigkeit seiner landesfürstlichen Präsenz den Pressereferenten nicht zu stören. Er empfiehlt mir lediglich, auch die Bilder anderer Politiker zu zählen. Eine Anregung, der ich gerne nachkommen würde, wenn es mit so geringem Zeitaufwand wie im Fall der NÖN möglich wäre, wo alle gefälschten Erwin-Fotos praktischerweise auf einer einzigen Seite abgedruckt waren.

Natürlich wäre zum Beispiel ein Duell zwischen den Landeshauptmännern von Wien und Niederösterreich um den Titel des meistabgebildeten Politikers spannend, zumal die beiden immer wieder den kompetitiven Vergleich suchen. Aktuell dürfte es um den Sieg in den Disziplinen "Präpotenz" und "Dreistigkeit" gehen. Kurz nachdem Pröll seinen Landesrat mit Rache-Rülpsern gegen den Finanzminister von der Leine gelassen hatte, konterte Häupl damit, dass Schelling die Finanzierbarkeit der Wiener Beamtenpensionen "nichts angeht". Zwei Höchstleistungen in einem packenden Kopf-an-Kopf-Rennen also, und doch wurden die beiden Großmeister noch übertroffen.

Dieses Kunststück gelang Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, langjähriger Wanderpokal der österreichischen Parteienlandschaft und derzeit Landesrätin in Niederösterreich. Im Rahmen ihrer Einvernahme zum Kärntner Seenkauf-Skandal erklärte sie vor Gericht, sich weder an die Höhe des von ihr kassierten Honorars noch an den Auftraggeber und schon gar nicht an die Art ihrer Leistung erinnern zu können. Bei dieser Darstellung verschlug es selbst Meischberger- und Mensdorff-erfahrenen Ermittlern die Rede. Nach einer gedächtnisbelebenden Hausdurchsuchung gestand sie schließlich, als Schmiergeldbotin für Jörg Haider tätig gewesen zu sein und dafür 35.000 Euro bekommen zu haben. Ihr Fazit aus all dem: "Mir kann keiner etwas vorwerfen. Für mich wird Jörg Haider nie korrupt sein." Eine Aussage à la "für mich hat Keith Richards nie Drogen genommen", deren Kühnheit vielleicht auch Parteifreunde von Pröll und Häupl beeindruckt hat. Die zunächst unfassbar wirkende Tatsache, dass ÖVP und SPÖ gemeinsam den von allen anderen Parteien geforderten Rücktritt der Landesrätin verhindert haben, ließe sich daher als Geste sportlicher Anerkennung deuten. (Florian Scheuba, DER STANDARD, 26.3.2015)