In St. Petersburg hat soeben eine Tagung der übelsten Rechtsextremisten und Neonazis Europas stattgefunden. Organisiert wurde sie von der putinnahen "Rodina"-(Vaterland-)Partei, deren Gründer Dimitri Rogosin, russischer Vizepremier, ist. Herr Rogosin möchte "die Teile der Sowjetunion wieder einsammeln". Teilnehmer waren unter anderen die deutsche NDP, die griechische Goldene Morgenröte, die italienischen Neofaschisten, die bulgarische Ataka. FPÖ-Jungstar Johann Gudenus hatte ursprünglich zugesagt, blieb dann aber zu Hause.

Warum kuschelt die äußerste Rechte (ebenso wie die umnachtete Linke) Europas mit Putins Russland? Weil sie in ihm einen Champion gegen die Demokratie und die verhasste EU sieht. Putin will die EU spalten und finanziert deshalb unter anderem den Front National.

Die FPÖ-Führung war diesmal nicht dabei, rollt sich aber sonst gern schnurrend im Schoß von Putin zusammen. Jüngst hielt Heinz-Christian Strache vor der Russisch-Österreichischen Freundschaftsgesellschaft eine bemerkenswerte Rede. Er kritisierte die Sanktionen und wiederholte er die russische Propagandabehauptung, die Nato habe sich mit der EU "in Richtung der russischen Grenze ausgedehnt".

Die Wahrheit: In den Verhandlungen um die deutsche Einheit haben die Westmächte zunächst versprochen, dass die Nato nicht auf das Gebiet der ehemaligen DDR einrücken werde. Von den anderen Mitgliedern des ehemaligen Ostblocks war keine Rede, wie kürzlich auch Michail Gorbatschow bestätigte. Später drängten die exkommunistischen Staaten aus Furcht vor dem immer instabiler werdenden Russland in die Nato. Mit Recht, wie sich jetzt zeigt: Russlands verdeckter Krieg gegen die Ukraine, Drohungen gegen die Baltenstaaten, Krieg gegen Georgien 2008, indirekte Drohungen gegen Kasachstan. Bis vor kurzem waren trotzdem keinen nennenswerten Nato-Truppen in Osteuropa, jetzt nur ein paar kleine Einheiten.

Auch zur Ukraine betete Strache den russischen Spin herunter. Bei allen noch offenen Fragen: Der Sturz des korrupten, moskauhörigen Wiktor Janukowitsch erfolgte durch eine echte Revolution. Dass die USA des Zauderers Barack Obama oder die betuliche EU hier bewusst eine neue Front gegenüber Russland aufgemacht hätten, ist absurd. Es ist vielmehr so, dass Putin in einem uralten russischen Reflex folgt: statt Reformen im Inneren Expansion nach außen.

Man kann Russland oder Putin zu verstehen versuchen, aber das darf gerade nicht heißen, wie der Historiker Gerd Koenen in der Zeit schreibt, "das, was vor unseren Augen geschieht, zu verleugnen oder wegzudiskutieren". Keine der "Rechtsbrüche, Anmaßungen und Verbrechen der amerikanischen Weltpolitik" gäben ernstlich Anlass für die "paranoiden Weltkonstruktionen, in die Putin und seine Ideologen sich und ihr Volk einspinnen".

Paranoid ist auch Straches dunkle Andeutung, es gäbe manche US-Strategen, die sogar über Einsatz von Atomwaffen nachdenken würden. Der einzige, der erklärte, er habe wegen der Krim fast die Atomstreitmacht Russlands in Alarmbereitschaft versetzt, war Putin.

Strache versuchte sich noch als Historiker und Geostratege. Ein Vorbild für eine europäische Friedensarchitektur nannte er die Heilige Allianz von 1815 zwischen Preußen, Österreich und Russland. Die Heilige Allianz war ein Bund der reaktionärsten Kräfte Europas, um die bürgerlichen Freiheits-und Unabhängigkeitsbestrebungen gewaltsam niederzuhalten. Heute wäre das eine Unterwerfung Europas unter einen russischen Despoten. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 25.3.2015)