Niki Lauda bringt das Chaos auf den technischen Begriff.

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Niki Lauda und Dieter Reisinger in der "ZiB 2".

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"Jede Spekulation ist sehr gefährlich." Das berührendste Fernsehbild zum Airbus-Absturz in den französischen Alpen stammte aus Nordrhein-Westfalen. Es zeigte den Bürgermeister von Haltern am See. Der bullige Mann beklagte den Tod von 16 Teenagern, die zusammen mit zwei Lehrerinnen abgestürzt waren. Der Stadtobere sprach vom Schlimmsten, was "überhaupt passieren" kann. Seine tiefe Betroffenheit übertrug sich unmittelbar auf den Zuschauer.

Das gespenstischste Bild zum Airbus-Absturz war der Blick auf die Anzeigetafel am Düsseldorfer Airport. Der Flug stand angeschrieben. Er schien festgefroren, als Satz ohne Schlusspunkt. Kein Hinweis auf ein glückliches Ende. Als wäre der Autor mitten im Diktat von seinem Keyboard aufgesprungen.

Der vernünftigste Beitrag zur gestrigen Katastrophe kam von den beiden Flugexperten Niki Lauda und Dieter Reisinger in der "ZiB 2". Lauda, der bekanntlich nichts zu verschenken hat, geizt dieser Tage nicht mit medialer Gegenwart. Nach etwas fachchinesischem Beginn ("Alpha Floor Protection") arbeitete sich der langjährige Airbus-Pilot in sicheres analytisches Gebiet vor. Eines muss man Niki Lauda eben lassen: Er ist latent bedroht von der Gefahr, zur Karikatur seiner selbst zu werden. Doch sieht man einmal vom roten Amtskappl ab, so vermag kaum jemand sonst so wie er verwirrendes Datenmaterial zu ordnen. Lauda bringt das Chaos auf den technischen Begriff.

Druckabfall? Flughöhenänderung? Ungerührt trennt der Formel-1-Manager die Spreu vom Weizen. "Sicherungen ziehen darf man in der Luft sicher nicht." In einem völlig anderen Kontext wäre dieser Satz sogar poetisch gewesen. So war er immerhin nur richtig. (Ronald Pohl, DER STANDARD, 26.3.2015)