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Was Frauen von Männern unterscheidet, ist kein biologisches Faktum, sondern es sind Erziehung und durch die Gesellschaft zugeordnete Skills.

Foto: AP/Andrew Harnik

Die österreichischen Feministinnen sind es leid, nach nahezu 50 Jahren am internationalen Frauentag immer noch die gleichen Parolen ausgeben zu müssen. Georg Schildhammer fühlt sich im Kommentar der anderen bemüßigt, den Frauen auszurichten, dass sie eh schon alles erreicht hätten, was zu erreichen ist, und wenn sie das nicht hätten, wären sie selber schuld. Fatalerweise erinnert das sehr an die Auseinandersetzung zwischen der französischen Feministin Elisabeth Badinter und dem Schweizer "Maskulinisten" Walter Hollstein, der den Untergang des starken Mannes bejammert.

Schildhammer führt einige Fakten an, die begründen sollen, weshalb Frauen (selbstverschuldet) immer noch schlechtergestellt sind als Männer:

"Mehr Frauen als Männer studieren Geisteswissenschaften"

Das österreichische Bildungssystem ist noch immer nicht gendergerecht adaptiert. In den österreichischen Schulen wird bei den Kindern der Fokus nicht auf die Begabungen, Talente und Neigungen gerichtet, die gefördert werden müssen, sondern auf die Defizite, die ausgeglichen werden müssen. Dazu kommt, dass immer noch geglaubt wird, dass Frauen "genetisch bedingt" über "mehr soft skills" verfügen und deshalb für bestimmte Studienrichtungen und Berufe besser geeignet sind und Männer die besseren Techniker, Banker etc. sind. Diese überkommene Denkweise bestimmt das "Fördersystem" in den wichtigsten Bildungsjahren unserer Kinder.

Es ist immer noch nicht in den meisten Köpfen angekommen, dass Menschen bei ihrer Geburt über die gleichen Möglichkeiten verfügen, jeden Beruf beziehungsweise jede Aufgabe zu übernehmen. Was Frauen von Männern unterscheidet, ist kein biologisches Faktum, sondern es sind Erziehung und durch die Gesellschaft zugeordnete Skills.

"Frauen begeben sich bewusst in die ökonomische Abhängigkeit von Männern"

Nach wie vor verdienen Frauen im bereinigten Jahresdurchschnitt noch immer um 18,2 Prozent weniger als Männer. Da sind bereits all jene Einwände berücksichtigt, die Schildhammer als Grund für das geringere Einkommen anführt.

Warum "begeben sich Frauen bewusst in die ökonomische Abhängigkeit von Männern"? Frauen begeben sich nicht unbedingt bewusst in die Abhängigkeit von Männern, sie möchten – genauso wie die Männer – eigentlich auf Familie mit Kindern nicht verzichten. Leider stellt sich für viele Frauen heraus, dass der Wiedereinstieg in den Beruf aus verschiedensten Gründen nicht so einfach ist, wie sie sich das im partnerschaftlichen Einvernehmen bei der Familienplanung vorgestellt haben. Aus existenziellen Gründen entscheiden sich die meisten Familien für jenes Karenzmodell (das, wie wir wissen, einkommensabhängig ist), in dem das Familieneinkommen optimiert wird. Das geht in den meisten Fällen "zu Lasten" der Frauen, die über das geringere Einkommen verfügen.

Im beruflichen Alltag gibt es nach wie vor keine oder kaum Modelle, die Frauen die Möglichkeit bieten, die berufliche Anbindung nicht zu verlieren. Das erschwert den Wiedereinstieg auf fatale Weise.

Außerdem sind die Kinderbetreuungseinrichtungen noch immer nicht flächendeckend – im Sinn von räumlich/örtlich wie (arbeits)zeitlich – ausgebaut. Die von konservativer Seite vielbeschworene "Wahlfreiheit" ist leider ganz und gar nicht gegeben.

Frauenarbeit wird schlechter bewertet als die Arbeit der Männer. Darauf möchte ich hier nicht mehr näher eingehen. Mann und Frau mögen sich die Kollektivverträge der Gewerkschaft Metall und jene der Gewerkschaft Handel oder der Sozialberufe – in denen die Frauen die Mehrheit bilden – zu Gemüte führen, da erübrigt sich jeglicher Kommentar.

Das leidige Thema, Männer hätten "eine um fünf Jahre kürzere Lebenserwartung als Frauen"

Diese Zahl begründet sich nicht auf die Tatsache, dass Männer tatsächlich um fünf Jahre früher sterben als Frauen, sondern darauf, dass Männer ein risikoreicheres Leben führen und ein schlecht ausgeprägtes Gesundheitsbewusstsein haben. Das heißt, Männer übernehmen nicht selbst die Verantwortung für ihre eigene körperliche Befindlichkeit.

Den daraus gezogenen Schluss, dass deshalb Männer eigentlich um fünf Jahre früher in Pension gehen müssten, und die noch zusätzlich angeführten Argumente wie Bundesheer oder Zivildienst, den Frauen nicht machen müssten, habe ich eigentlich beim ersten Lesen ironisch gedeutet – das konnte vom Autor so nicht ernst gemeint sein. Leider hat er da die Kindererziehungszeiten und die Pflege von Angehörigen (inklusive den Eltern des Mannes) übersehen. Diese Zeiten betragen bei Legionen von Frauen weit mehr als die geforderten elf Jahre.

In Österreich, einem der reichsten Länder der Welt, sind mehr Frauen (Alleinerzieherinnen) als Männer armutsgefährdet. Menschen, die in Armut leben müssen, sind eher gefährdet, krank zu werden. Ich verweise auf den jährlich erscheinenden Armutsbericht. Sieht so der "Traum der Frauen vom warmen Eislutscher" aus? (Friederike Widholm, derStandard.at, 24.3.2015)