Wien - Seine laufende Personale im Wiener Konzerthaus gehört derzeit zu den spannendsten Ereignissen im Konzertleben - obwohl sie ziemlich unaufgeregt verläuft. Eigentlich geht es dabei um den jungen Dirigenten Robin Ticciati; doch diesem selbst und seinen Mitstreitern geht es so sehr um die Sache, dass die Begeisterung auf dem Podium und im Zuschauerraum vor allem dorthin fließt, wo sie eigentlich hingehört.

Unbeschreiblich war die Eindringlichkeit und Hingabe, mit der sich das Scottish Chamber Orchestra und sein Chefdirigent des Violinkonzerts Ludwig van Beethovens annahmen. Beschreibbar wären die pulsierenden, flexiblen Tempi, der transparente, durchartikulierte Klang, die sinnigen Phrasen - Ingredienzien, die Ticciati hinreißend zusammenfügte. Währenddessen bot Solist Renaud Capuçon zuverlässig-energetische Süße, die noch mit der kleinsten scheinbaren Nebensächlichkeit vom Orchester aufs Wunderbarste begleitet wurde.

Schuberts tatsächlich "große" C-Dur-Symphonie kam dann in der kleinen Besetzung mit ungewohnten kammermusikalischen Einschlägen daher, zugleich mit wilden Klangballungen. Die Interpretation glich einem Drahtseilakt zwischen jugendlichem Schwung, weit ausschwingenden "Längen" und heftigen Ausbrüchen sowie Einblicken in düstere Abgründe.

Sollte die markante Betonung der vier Schläge am Ende des Finales auf eine Parallele zum Hauptmotiv von Beethovens Violinkonzert hinweisen? Ungemein packend war Ticciatis Zugriff jedenfalls in solchen Details wie auch im großen Ganzen - bitte unbedingt mehr davon! (Daniel Ender, DER STANDARD, 24.3.2015)