Mit HideMyAss! kann die Herkunft von Rechnern im Netz verschleiert werden.

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2006 im britischen Norfolk: Der 15-jährige Jack Cator ist frustriert, weil er mit dem Internetzugang seiner Schule nicht auf MySpace oder Gaming-Websites zugreifen kann. Cator, der schon mit elf Jahren seine erste Website über BMX-Fahren aufgesetzt hat, überlegt sich, wie er das System austricksen kann. Er programmiert eine einfache Seite, mit der er die IP-Adresse des Schulrechners verschleiert, indem er die Daten von einem anderen Computer weiterleiten lässt. Ein klassischer VPN-Service also. "Ich habe HideMyAss! an einem Nachmittag aufgesetzt", so Cator zum "Guardian", "ich wollte damit gegen Zensur vorgehen." Also die Blockade von MySpace oder Onlinespielen in Schulnetzwerken.

Gegen staatliche Zensur

Heute ist Cators Website tatsächlich ein Tool gegen das, was man gemeinhin unter "Zensur" versteht: Versuche des Staates, den freien Informationszugang seiner Bürger einzuschränken. HideMyAss! ist einer der weltweit meistgenutzten VPN-Dienste, allein durch die NSA-Enthüllungen von Whistleblower Edward Snowden kamen Millionen Nutzer hinzu. Dass seine Seite Potenzial hat, erkannte auch Cator schnell. Dabei gab es zu dieser Zeit schon eine Reihe ähnlicher Seiten. Doch diese waren überwiegend kompliziert zu nutzen, nicht vertrauenswürdig und mit Werbung überschwemmt.

Anfangszeit: "Taschengeld"

Cator hatte dem ein simples Design und einen schnittigen Namen entgegenzusetzen. Nach wenigen Tagen hatte er tausende Nutzer, dann zehntausende, dann hunderttausende. Nutzer griffen weltweit auf seinen Service zurück. Er stellte zusätzliche Server zur Verfügung, um dem Ansturm gerecht zu werden, und schaltete ein paar Werbeanzeigen, um sich für den Zeitaufwand zu entschädigen. Im "Guardian" gibt Cator an, etwa zwischen 1.000 Pfund und 2.000 Pfund pro Monat verdient zu haben. 2009 entschied er sich dann, auch einen Aboservice mit Premium-Features einzuführen – und begann damit, tatsächlich viel zu verdienen.

Wichtiges Tool

Heute greifen rund zehn Millionen Nutzer auf das kostenfreie Angebot zurück, 200.000 zahlen für das HideMyAss!-Premiumangebot. Seit kurzem bietet Cator mit "HideMyPhone" einen neuen Service an, bei dem Nutzer eine zweite, virtuelle Telefonnummer generieren können. "Natürlich kann der Dienst auch missbraucht werden", so Cator, "doch das ist bei jeder neuen Technologie so." Sein Beispiel zeige laut "Guardian" jedenfalls, dass es sich auszahle, schon im Jugendalter Ideen zu verfolgen. Denn dann setze man noch nicht so viel aufs Spiel und muss sich nicht um den Lebensunterhalt kümmern. Und vor allem zeigt Cators Geschichte auch, wie aus einem kleinen Akt der Rebellion tatsächlich ein mächtiges Werkzeug gegen Unterdrückung werden kann. (fsc, 23.3.2015)