Die Klasse der AFL Head Coaches von 2015: Jim Ward (Prague Black Panthers), Ivan Zivko (Danube Dragons), Shuan Fatah (Swarco Raiders Tirol), Chris Calaycay (Vienna Vikings) und Blaine Bennett (Graz Giants) v.l.n.r.

Foto: Holly Kellner/AFBÖ

Die AFL-Saison 2014 brachte zwar die Finalpaarung und den Sieger der beiden Vorsaisonen, war an Spannung trotzdem nur schwer zu überbieten. Keine Mannschaft blieb ungeschlagen, keine ohne Sieg. Dass die Graz Giants ihren einzigen Saisonsieg gerade gegen den späteren Meister Vienna Vikings einfuhren, sprach ebenso für die Ausgeglichenheit der Liga, wie die Double-Overtime

in der Jubiläums Austrian Bowl XXX. Zum ersten Mal wurde ein Endspiel der AFL erst in der Nachspielzeit entschieden.

2015 stehen die Vorzeichen bei den zwei Final-Abonnenten Vikings und Raiders auf Erneuerung. Gut möglich, dass sich am 11. Juli bei der 31. Ausgabe der Austrian Bowl dann zwei ganz andere Teams im Wörthersee Stadion gegenüber stehen werden.

Aufstockung aufgehoben

Um drei Teams wollte der Verband die Bundesliga nach der EM 2014 heuer aufstocken, um der Austrian Football League wieder ein Achter-Format zu geben. Der Plan ging nicht auf, da lediglich Hohenems aus der Division 1 in die AFL rauf wollte. Die Carinthian Lions und Vienna Knights sagten nach einigem Gezeter ab. In Österreich wird bekanntlich selten so heiß gegessen wie gekocht, umso mehr überrascht es, wenn der Brei dann doch mal dampfend daher kommt. Als die beiden den Aufstieg verweigernden Vereine, wie ein Jahr zuvor angekündigt, als Konsequenz tatsächlich vom Verband abgestuft wurden, hob sich manch Braue. Der Ankündigung auch Taten folgen lassen, das überraschte vor allem die Vienna Knights, die einigermaßen ungehalten darauf reagierten. Warum beginnt man gerade bei ihnen mit dem konsequent sein? Es half nur nicht. Wer nicht in die AFL aufsteigen will, der soll auch nicht in der Division 1 spielen, da ihm dort genau das passieren kann. An sich logisch, wenn auch gewöhnungsbedürftig für den gelernten Football-Österreicher.

Ein Solo-Aufstieg der Blue Devils wurde nicht in Betracht gezogen. Die Agenda, ein Dreierpaket zusammen rauf zu holen, versehen mit einem Startgeld, der Übernahme von Kosten für Statistik und Schiedsrichter und einem leichteren Spielplan, soll nun 2016 durchgezogen werden. Die Zeichen dafür stehen zumindest aktuell günstig, denn alle Zweitliga-Klubs haben sich zumindest 2015 prinzipiell dazu bekannt unter den Bedingungen den Schritt in die Bundesliga 2016 wagen zu wollen.

Guten Tag vs. Grüß Gott

Beinahe hätte man zur Wochenordnung übergehen können, bevor man sich in Wien und in Innsbruck über die jeweilige Hauszeitung doch noch schnell "Alles Gute zum Saisonstart" ausrichtete. Vikings Präsident Karl Wurm meinte in der Kronen Zeitung angesichts der veränderten Ausgangslange (zu der weiter unten mehr): "Wenn die Tiroler nicht alles gewinnen, ist ihre Strategie falsch." Die Tiroler Tageszeitung wiederum visualisiert gleich einen europäischen Footballboom und lässt den Cheftrainer ihre Raiders zum Thema monieren: "Die AFL ist zu unattraktiv".

Beides unter dem Licht der jeweiligen Umstände betrachtet, ist ebenso verständlich, wie natürlich auch völlig falsch.

Reglement spricht für die Vikings

Dass die AFL eine für die Raiders ausgemachte Sache wäre, das lässt sich exakt an genau gar nichts fest machen. Die Tiroler verloren ebenso Stammspieler wie die Wiener. Die Voraussetzungen in der Bundesliga bieten ihnen keinerlei Vorteile. Im Gegenteil, spielt die Beschränkung auf einen Legionär jenen Teams mit einem großen heimischen Kader in die Karten. Also den Vikings. Dass Innsbruck mit vielen Neuzugängen aus den USA und Europa um die Euro Bowl ein Wort mitreden wird, das hätte man auch ohne dem Vikings-Einwurf wissen können.

Die TT meint, dass der Football in Europa mancherorts boomt. Das ist eine interessante Einschätzung der Lage. In Deutschland verabschiedete sich vor Saisonstart aus finanziellen Gründen ein Bundesligist (Köln), ein zweiter (Berlin) muss darüber noch nachdenken und wackelt auch für die europäische Liga BIG6. Dass gerade der amtierende Euro Bowl-Champion Berlin Adler auf sozialen Medien um ein paar Tausender betteln muss, um 2015 überhaupt noch spielen zu können, kann man schwer als Indiz eines Booms gelten lassen. In Schweden findet eine eine WM nicht statt, weil man keine Geldgeber und auch keine Interessenten hat. In Frankreich flimmert eine Liga im hausbackenen Webstream, wo man bei Spielen des Meisters die Zuschauer einzeln begrüßen kann. Bilder aus Polen, von einem gut besuchten Finale, sind zwar nett, aber, wie Herr Varoufakis sagen würde, leider "doctored". Dort lockt man mit Freikarten zwar eine erkleckliche Anzahl an Menschen in ein tolles Stadion, es bleibt aber ein singuläres Ereignis. In der Saison spielen die polnischen Teams vor einer dreistelligen Zuschauerkulisse. So ist das leider wirklich mit dem Boom in Europa.

Plötzliche Unattraktivität

Die Frage warum die TT das dann trotzdem behauptet, ergibt sich dann aus dem Interview mit dem Head Coach der Raiders. Shuan Fatah beklagt sich darin, dass die AFL seinem Team nur vier Heimspiele bietet und daher zu unattraktiv wäre. Das ist gleichermaßen interessant, hat man sowas von ihm vor kurzem noch ganz anders gehört. 2011, als Fatah in die Liga kam, hielt er sie für die attraktivste Europas, die man erstmal gewinnen müsste. Das tat er damals auch und setzte mit dem Double Austrian- und Euro Bowl gleich noch einen drauf. Anzahl der damaligen AFL-Heimspiele für die Raiders: Drei. Eines weniger als 2015. Dass das subjektive Attraktivitätsempfinden mit der objektiven Erfolgsgeschichte synchron schwimmt, ist vermutlich nichts Footballspezifisches.

Sieben Spiele im ORF

Tatsache ist, dass die AFL die einzige Football-Liga in ganz Europa ist, die im TV übertragen wird. Der ORF zeigt heuer insgesamt sieben Spiele, inklusive Playoffs und der Austrian Bowl XXXI. Insolvenzen, Hausdurchsuchungen und/oder Klagen wie in Berlin, Hamburg, Braunschweig, Kiel und Gladbach, die passieren dafür hierzulande nicht. Wenn man über mangelndes Zuschauerinteresse redet - tatsächlich hat die Bundesliga in den letzten drei Jahren Zuschauer verloren - dann ist bei den Zahlen hinten auch noch eine Null mehr dran, wie bei selber Debatte in Großbritannien, Italien, Spanien, Finnland – name them.

Die Stagnation ist nicht erfreulich, bei der Ursachenforschung kommt man – wenig überraschend – auf unterschiedliche Ergebnisse. Während man in Tirol der Ansicht ist, mit mehr Amerikanern kommen automatisch auch mehr Zuschauer (zum Glück passierte das nicht bei der EM!), meint man in Wien, dass man ein Überangebot geschaffen hätte.

Tatsächlich erfreuen sich die neuen Mannschaften im Umkreis der Hauptstadt, davon gibt es mit Mistelbach, Neulengbach, Langenlebarn, Bruck an der Leitha, Steinakirchen und Wiesen, gleich deren sechs, eines sehr regen Zuschauerzuspruchs. Die meisten dieser neuen Spieler und Zuschauer sind bzw. waren auch mal Zuschauer der Wikinger. Mehrmals gehört in den letzten Monaten: Wir schauen jetzt auf uns und wir haben auch gar keine Zeit mehr am Sonntag. Das alleine hört sich allerdings ein wenig dünn als Erklärung an, es dürften viele Faktoren mitspielen.

Die Vikings sind im Übrigen der Ansicht, dass sie 2015 wieder mehr Zuschauer haben werden. Warum und wieso, das verraten sie allerdings nicht. Ihr Wort in Wotans Ohr. Eine private Vorhersage: Beim Fünftliga-Spiel Mostviertel Bastards vs. Air Force Hawks werden sich mehr Zuschauer als beim schlechtbesuchtesten AFL-Spiel in Österreich einfinden. Spätestens dann darf man auch mal länger darüber nachdenken, ob 6 Euro-Burger, oder eine After Game Party bei Klappsessel mit Käsekrainer, Bestandteile tragfähiger Zukunftsmodelle sein können.

Die Teams 2015:

  • Vienna Vikings

Am Namen erkennt man schon eine wesentliche Veränderung. Kein Autohersteller und auch keine Bank zieren diesen mehr. Den Abgang des letzten Großsponsors konnte man zwischenzeitlich rund zur Hälfte wieder kompensieren, viel schwieriger wird es beim Personal. Aus der Defense machten sich u.a. Linebacker Dustin Illetschko und Defensive Back Benjamin Bubik (beide Helsinki) und der Offense Quarterback Christoph Gross (Karriereende) und Wide Receiver Laurinho Walch (Frankfurt) aus dem Staub. In Summe fehlen neun Starter von der Meistermannschaft 2014.

Viel Arbeit also für Head Coach Chris Calaycay in der Off Season, der noch ein Handicap von der Klubführung mit auf den Weg bekam: Die Vikings werden 2015 keinen einzigen Import aufs Feld bringen und im Coaches Office wurden zwei Schreibtische frei. Die völlige Post Raiffeisen-Depression wird zwar nicht ausgebrochen sein, die Voraussetzungen waren aber schon mal besser. Man verlässt sich voll und ganz auf das was man die letzten Jahre selbst aufgebaut hat, das ist u.a. mit Alexander Thury ein 20-Jähriger auf der Quarterback Position.

  • Swarco Raiders Tirol

Gar nicht unähnlich ist die Situation in Innsbruck. Andreas Hofbauer, der beste Runningback der Liga im Vorjahr, studiert und spielt 2015 in Deutschland. Nicht mehr im Team sind unter anderem US-Quarterback John van den Raadt, der von Landsmann Sean Shelton ersetzt wird, die Wide Receiver Julian Ebner und Damaso Tarneller fehlen, ebenso wie der Defensive Back Arno Andreas und Defensive Lineman Manuel Jovic.

Dazu hat man sich selbst die Bürde aufgeladen, vier Freundschaftsspiele zusätzlich zu absolvieren, um die insgesamt vier US-Imports öfter als für zwei bis drei Spiele der BIG6 aufs Feld zu bekommen. Auch einige Europäer sind am internationalen Roster der Raiders gelandet, das Gesicht der Tiroler auf europäischer Ebene wird wohl ein deutlich anderes sein, als jenes in der Bundesliga. Ansonsten würde es mit einer Dreifachbelastung tatsächlich schwierig werden in der AFL zu reüssieren.

  • Dragons, Black Panthers und Giants starten im April

Die Danube Dragons haben mit dem ehemaligen Graz Giants Quarterback Alex Good einen interessanten Neuzugang gebracht. Zum ersten Mal seit Jahren wechselt damit innerhalb der Liga ein Spielmacher. Der letzte war Toby Henry von den Vikings zu den Blue Devils in der Saison 2007.

Auch Dragons Head Coach Ivan Zivko muss viele Abgänge ersetzen. Zum Teil mit jungen Spielern die nachrücken, zum Teil streifen ältere Herren wieder ihre Jerseys über. Der Verein wurde in der Off Season auf gleich drei Vereine aufgeteilt – Kampfmannschaft, Nachwuchs und Cheerleading. Dem vorangegangen war ein Konflikt über die interne Aufteilung finanzieller Mittel. Auswirkungen auf die Performance der Bundesligamannschaft wird das (vermutlich) keine haben.

Neue Cheftrainer gibt es in Prag und in Graz. Während bei den Tschechen mit Jim Ward ein Defensivspezialist Taylor Breitzmann nachfolgt, holten sich die Steirer mit Blaine Bennett den ehemaligen College-Trainer des heuer in der NFL zurückgetreten Kyle Orton. Beides folgt einer gewissen Logik.

Die Black Panthers konnten den Liga MVP Kyle Newhall-Caballero (40 Touchdowns 2014) für ein weiteres Jahr verpflichten. Der Quarterback ist das Zentrum und der Motor der Prager Offensive, die eine furiose Saison 2014 hinter sich hat. Nun will man die Defensive stärken und nach dem ersten Playoff-Einzug im Vorjahr, heuer die Austrian Bowl erreichen.

Bei den Giants gilt es aus Christoph Gubisch das zu formen, was Christoph Gross die letzten Jahre für die Vikings war. Auch die Grazer treten ohne Legionär an, was dort aber noch deutlicher monetäre Ursachen als in Wien hat. Mehr zu den drei Klubs in der nächsten Endzone, wenn sie dann in die Saison einsteigen.

Hey, Romy!

Zum Abschluss mache ich es wie Berlin: Ich schnorre im Netz. Zwar nicht um ihr Geld, aber um ihre Stimme. Der KURIER wurde von einem Football getroffen und hat beschlossen Michael Eschlböck und mich für die ROMY zu nominieren. Da uns jetzt der Ehrgeiz gepackt hat und wir das auch gewinnen wollen, verweise ich zur Abstimmung hier.

Ansonsten hoffe auf zahlreiches Erscheinen heute Sonntag auf der Hohen Warte. Bitte keine "aber das Wetter"-Postings. Stellen Sie sich einfach vor, sie leben in Green Bay und gehen zu einem Spiel der Packers: Es ist gerade unerträglich heiß draussen - kurze Hose und Sandalen raus! (Walter Reiterer, derStandard.at, 23.3.2015)