"Spieglein, Spieglein an der Wand - wer küsst am besten im ganzen Land?" Angelin Preljocaj gelang mit "Snow White" ein spektakulärer Erfolg.

Foto: JC Carbonne

St. Pölten - Diese Stiefmutter ist eine höllische Erscheinung. Ein schöner, finsterer Stern, um den sich in Angelin Preljocajs Interpretation des Schneewittchen-Märchens alles dreht. Der 58-jährige Choreograf zählt zu den erfolgreichsten französischen Zeitgenossen seiner Zunft. Seit 2006 residiert sein Ballet Preljocaj in Aix-en-Provence und dort in einer spektakulären Architektur: dem "Pavillon noir" des Architekten Rudy Ricciotti.

Mit dem Ballett Snow White zur Musik von Gustav Mahler und mit Kostümen von Jean-Paul Gaultier, das jetzt im Festspielhaus St. Pölten gastiert, ist Preljocaj ein spektakulärer Erfolg gelungen.

Zwei Jahre nach der Uraufführung 2008 verfilmte der Choreograf dieses Stück selbst, nachdem die Vorgänger-Arbeit Eldorado von Olivier Assayas vor die Linse genommen worden war.

Filme als Tanz

Preljocaj hat ein enges Verhältnis zur Kinematografie: "Das Fantastische am Film ist, dass man ihn auch als eine besondere Form von Tanz ansehen kann." Filmschnitthafte Sequenzen sind aber auch charakteristisch für die Bühnenfassung von Snow White.

Geboren wurde Angelin Preljocaj in einem Vorort südöstlich von Paris. Seine Eltern hatten sich, als die Mutter mit ihm schwanger war, entschlossen, ihre Heimatstadt Ivangrad (heute Berane) in Montenegro zu verlassen. Mit dem Tanz kam Preljocaj als 19-Jähriger in Berührung. Er lernte erst klassisches Ballett an der Pariser Oper und danach modernen Tanz. 1980 besuchte er in New York Kurse bei Merce Cunningham. Zurück in Frankreich, gründete er seine erste Compagnie.

Für diese choreografierte Preljocaj beinahe jedes Jahr ein bis zwei Arbeiten. Sein Credo: "Für mich ist Tanz immer etwas Konkretes, auch dann, wenn man ihn bis zur radikalsten Abstraktion treibt." Obwohl Snow White ein echtes Erzählballett geworden ist, betont Preljocaj, dass er keiner bestimmten Ästhetik anhängen will: "Leben ist für mich Wechsel und Rhythmus. Ich würde es nicht aushalten, immer das Gleiche zu tun." (Helmut Ploebst, DER STANDARD, 21./22.3.2015)