Adiam Emnay will mit ihrem Start-up Dubaruba afrikanische Designer promoten. Franziska Zoidl hat sie in ihrer Wohnung in Wiens 8. Bezirk besucht, wo sie lebt, arbeitet und über leistbares Wohnen nachdenkt.

"Ich habe diese Wohnung vor zwei Jahren durch einen Freund gefunden. Mir hat sie gleich gefallen. Am Anfang wollte sie mir der Vermieter nicht geben, dann hat er es sich anders überlegt. Seitdem sind wir "beste Freunde". Inzwischen fragt er mich, ob ich jemanden kenne, wenn eine Wohnung frei wird. Ich bin also so was wie seine Privatmaklerin geworden.

Adiam Emnay besitzt nicht viele Möbelstücke, weil sie keine vollgeräumten Wohnungen mag. Selbst den Tisch legte sie sich erst nach einem Jahr zu. (Bildansicht durch Klick vergrößern)
Foto: Lisi Specht

Das ist meine erste richtige, eigene Wohnung. Vorher habe ich in einer ganz kleinen Studentenbude gelebt. Ich habe lange nach dieser Wohnung gesucht. Sie hat 71 Quadratmeter, die sich auf drei Zimmer aufteilen, und ist, was Lage und Preis angeht, perfekt. Ich wollte eine Altbauwohnung, weil ich diese Helligkeit, diese Freiheit nach oben brauche. Wie du siehst, ist meine Wohnung nicht besonders voll. Ich habe nicht viele Einrichtungsgegenstände.

Auch Bilder werde ich mir keine aufhängen, aber vielleicht irgendwann einmal ein Foto von meinen Großeltern, bei denen ich aufgewachsen bin. Ich will leben wie in einem Museum, mit vielen leeren Bereichen.

Meine Wohnung ist gleichzeitig Lager und Büro. Das Zimmer nebenan ist vollgeräumt mit Schachteln voller Designprodukte aus Afrika. Derzeit fällt es mir schwer, Berufliches von Privatem zu trennen. Ich bin eine Chaotin. Heute habe ich zusammengeräumt, aber in ein paar Tagen wird es wieder anders ausschauen: Da drüben werden Papiersachen für die Buchhaltung liegen und Schals, die ich vor dem Verkauf noch waschen muss. Die wurden in Äthiopien gewebt - aber ich habe vergessen, den Webern zu sagen, dass die Schals am Schluss gewaschen werden müssen. Sie haben sich wohl gedacht, dass wir in Österreich ohnehin mehr Wasser haben.

Wir verkaufen nicht das, was sich Menschen unter afrikanischem Design vorstellen - und so wohne ich auch nicht. Ich habe weder afrikanische Bilder noch Masken oder religiöse Kunst. Mein Wohnen unterscheidet sich wahrscheinlich am ehesten in der Küche, weil ich Geräte habe, die man in Österreich nicht benutzt. Es gibt bestimmte eritreische Kaffee- und Teekannen, die meine Mutter braucht, wenn sie mich besucht. Der Geschmack von Menschen aus Eritrea und Äthiopien ist viel kitschaffiner als jener der Österreicher: arabischer Stil mit Gold und Glitzer. Das mag ich nicht. Außerdem stopft man die Räume furchtbar voll, manchmal auch aus Platzmangel. Vielleicht will ich daher ohne Möbel leben, weil ich in so einer Wohnung aufgewachsen bin und mich davon befreien wollte.

Der Teppich kommt aus Malawi, die Polsterbezüge aus Südafrika. Auch der Sitzsack, bestehend aus alten T-Shirts, wurde dort genäht. Der Rest meiner Möbelstücke ist von Ikea und aus dem Internet. Einen Tisch habe ich mir erst nach einem Jahr in der Wohnung gekauft. Hier hatte ich auch das erste Mal das Bedürfnis, mir eigene Teller und Gläser zu kaufen. Ich wollte plötzlich auch schöne Sachen haben und Geschirr, das zusammenpasst.

Mein Wohntraum ist ein politischer. Es gibt immer weniger leistbare Wohnungen, aber es ziehen immer mehr Menschen in die Stadt. Es muss ein anderes System für das Besitzen geben, einen anderen Steuersatz ab einer bestimmten Anzahl an Immobilien etwa. Ich besuche manchmal Menschen aus Eritrea, die in Wien für fast unbewohnbare Wohnungen 500 Euro Miete zahlen. Leute werden ausgenutzt, weil sie sich nicht auskennen. Das ist für mich ein viel wichtigeres Thema als die perfekte Einrichtung. Eine Wohnung muss eigentlich nur gemütlich sein und ein Bett haben, in dem ich mir am Abend denke: Bin ich froh, dass ich in einem Bett schlafen darf." (DER STANDARD, 21.3.2015)