Mit wenig Aufwand viele Nährstoffe züchten.

Foto: DER STANDARD/Matthias Cremer

Selbstgezogene Sprossen sehen meist nicht so gut aus wie gekaufte. Sie sind kleiner, verschrumpelter und unregelmäßiger als die Ware aus dem Supermarkt. Doch macht man alles richtig, schmecken die Keime Marke Eigenbau vorzüglich. Außerdem sind sie ultrafrisch – von der Fensterbank auf den Tisch.

Eingebildet oder auch nicht, der Verzehr solcher Keimlinge gibt einem eine Art Kick: Durch das Keimen erhöht sich nämlich der Gehalt an Vitaminen, Mineralstoffen, Eiweiß und Ballaststoffen um ein Vielfaches. Die Keimlinge strotzen vor lebenswichtigen Stoffen. Meist ist es auch die Begeisterung des Züchters, die da mitschwingt.

Für die Sprossenzucht benötigt man nicht viel: ein Keimglas oder eine Keimschale mit Sieb und Deckel. So etwas gibt es im Drogeriehandel oder im Biogeschäft. Dort sind es auch die Samen für die Sprossenzucht zu kaufen, samt Gebrauchsanleitung.

Im Keimglas werden die Sprossen gezogen. Auf dem Sieb der Keimschale wächst Grünkraut wie Kresse oder Rettichgrün heran. Von der Zucht auf Moltontüchern, Küchenrollenpapier oder Erde wird abgeraten. Daraus wird in der Regel nichts. Das ist meistens nur eine Patzerei.

Sprossenzucht

Einfach ist die Sprossenzucht mit Adzukibohnen, Mungbohnen, Kichererbsen (Achtung, Letztere können ein wenig holzig schmecken) oder der gelben Sojabohne. Daraus im Keimglas eine Sprosse zu ziehen ist denkbar einfach: Man nimmt zwei Esslöffel Samenkörner, spült sie und weicht sie über Nacht, so etwa zehn Stunden, ein.

Große Samen wie die Kichererbse brauchen etwas länger. In der Regel informieren die Anbieter solcher Samen, wie lange die optimale Einweichzeit ist. Etwas länger oder kürzer ist meistens kein Malheur. Sollte das Wasser schaumig oder trüb sein – was insbesondere bei stärkehaltigen Samen vorkommen kann, sollte man das Einweichwasser ein paar Mal wechseln.

Am nächsten Morgen das Wasser abgießen. Ab dann wird nur mehr gespült: am besten jeden Morgen und Abend, bis die Sprosse essreif ist. Meistens ist dies nach drei bis fünf Tagen der Fall, wobei sich langes Zuwarten nicht empfiehlt, denn dann wird das Ergebnis oft bitter oder holzig. Auch das Aufheben im Kühlschrank ist dem Geschmack der Sprossen nicht zuträglich.

Grünkrautzucht

Will man Grünkraut ziehen, ist dies anspruchsvoller, aber dank Keimschalen nur ein bisschen. In diesen ist ein Sieb, in denen die Samen wurzeln können. Das Wasser kann ablaufen. Der Deckel auf der Schale wirkt wie das Dach eines kleinen Gewächshauses. Das Wasser kondensiert, man muss man nicht mal viel gießen.

Gut funktioniert Kresse, aber auch aus Buchweizen oder Senfsamen lässt sich angenehm scharf-würziges Kraut ziehen, das jeden Salat aufpeppt. Kresse oder Senfkörner muss man vorher nicht einmal einweichen. Man spült die Samen ordentlich und verteilt sie dann auf das Sieb. Eine Ausnahme bildet der Buchweizen, der hartschalig ist und deshalb vorher eingeweicht werden sollte. Rose-Marie Nöcker empfiehlt in ihrem Buch Das große Buch der Sprossen und Keime für Buchweizen sechzehn Stunden.

Wichtig ist, dass man die Sprossen nicht zu eng auf dem Sieb verteilt. Denn durch das Einweichen nimmt der Umfang der Körner zu. Zu enges Nebeneinanderliegen tut den kleinen Pflanzen nicht gut – sie beginnen zu schimmeln.

Bewässerung mit Blumenspray

Wie bei der Sprossenzucht muss man auch beim Grünkraut nur zweimal täglich ein bisschen wässern. Das geht am besten, indem man die jungen Keime, die am Anfang noch nicht fest im Sieb verwurzelt sind, mittels eines Blumensprays sanft besprüht. Dann muss man dem Grünkraut nur mehr beim Wachsen zusehen.

Für die Zucht ist eine nicht zu sonnige Fensterbank ideal. Direktes, starkes Sonnenlicht haben die Keimlinge nicht so gerne, sie trocknen da oft aus. Die beste Zeit für eine Zucht ist das Frühjahr, da sind die Temperaturen ideal.

Und wie isst man die Sprossen am besten? Man schmeißt sie irgendwo dazu: auf den Salat, in die Suppe, zum Wok-Gemüse. Die Sprossen kann man roh verzehren oder gekocht. Mit und ohne Wurzeln. Aus gewöhnlichen Packerlsuppen machen sie ein vorzügliches, ja fast gesundes Gericht. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, 21.3.2015)