Graz - Hohes Interesse an den steirischen Gemeinderatswahlen am Sonntag sahen Experten am Donnerstag im Presseclub in Graz. Manfred Kindermann von der Landeswahlbehörde befand: "Die Beteiligung am vorgezogenen Wahltag war die höchste bisher". Der Politologe Peter Filzmaiers Befund lautet: "Hohes Interesse stelle ich erst in den letzten Tagen fest, aber: Bei dem Urnengang - ohne Graz - gibt es mehr Wahlberechtigte als in den anderen Ländern".

Viele Briefe

Kindermann berichtet bei der Diskussion am Donnerstagabend in Graz auch von einer regen Antragslage bei der Briefwahl. "Der Vorteil ist, dass wir am Sonntagabend inklusive der Wahlkarten ein fertiges Ergebnis haben werden. Die Besonderheit dieser Wahl liegt in der unvorstellbar großen Veränderung in der Gemeindelandschaft mit völlig neuen Gemeindegrößen, neuen Wahlbehörden, neuen Wählerverzeichnissen. Diese Umstellung ist allen Beteiligten bis dato sehr gut gelungen". In der Steiermark sei man immer stolz auf eine hohe Wahlbeteiligung gewesen, bei den letzten beiden Urnengängen sei sie über 77 Prozent gelegen. "Wir haben auch diesmal keine schlechten Indizien, das Interesse der Wähler ist hoch", so Kindermann.

Neue Namen

Viel zu tun hatte in den vergangenen Monaten die Ortsnamenkommission, so Kindermann. Dort, wo keine Einigung über einen Namen für die fusionierten Gemeinden zustande kam, wurde der Fall in der Kommission besprochen. Im Fall der neuen Gemeinde St. Barbara (Bezirk Bruck-Mürzzuschlag), bestehend aus Veitsch, Mitterdorf und Wartberg sei man auf diese Kompromissbezeichnung aufgrund der dortigen Bergmannstradition - und einer Kirche - gekommen.

Wenige Frauen als Konstante

Der Politologe Filzmaier meinte, eine der Herausforderungen dieser Wahl nach den Gemeindefusionen sei auch eine journalistische: "Ergebnisse in den Gemeinden einfach zusammenzuzählen ist grenzwertig. Es geht um die Frage, wo wirklich eine Änderung politischer Machtverhältnisse vorliegt, das ist in der Steiermark nicht so einfach, da es ja keine Bürgermeister-Direktwahl gibt". Eine weitere Frage sei es auch, ob die "Hot Spots" der Wahl wirklich mit den Fusionen zu tun hätten, wie etwa in Leoben mit zehn Listen und einer zerstrittenen SPÖ. Im Bezirk Murau, jener Verwaltungseinheit mit der größten Zahl von Fusionskommunen spielten eher Themen wie Abwanderung und Soziales eine große Rolle. Vorhersagen zum Wahlergebnis ließen sich nicht treffen: "Nur ein manischer Glücksspieler oder ein parteipolitischer Akteur mit legitimen Voraussageinteressen würde sagen, er kann das kann Ergebnis vorhersagen". Eines ändere sich offenbar aber trotz großer Umwälzungen nicht, beklagte Filzmaier - es gebe erschütternd wenige Frauen auf den Listen.

Stimmungstest

Filzmaier: "Traditionell ist eine Kommunalwahl eine Bürgermeisterwahl oder ein Stimmungstest, ob man die wirtschaftliche und soziale Lage im Heimatort positiv sieht". Die Bundespolitik spiele da keine so große Rolle. Eventuelle Auswirkungen der Kommunal- auf die Landtagswahl am 31. Mai sehe er als gering an. "Es ist höchstens eine Auswirkung auf die innerparteiliche Stimmungslage, zur Motivation für die nächste Wahl". Eine Direktwahl sehe er als Möglichkeit zum Halten der Wahlbeteiligung, wenn nicht sogar zur Steigerung. Den größten Mobilisierungsapparat hätten immer noch die beiden großen Parteien. Bei der Landtagswahl komme es vor allem auf die Ergebnisse in Graz an: Gebraucht wird das Grundmandat in Graz, sonst verpasse man den Einzug in den Landtag.

Martin Ozimic vom Steirischen Gemeindebund sagte, nur 134 Kommunen von nunmehr 286 seien nicht betroffen von den Fusionen. Diesmal gebe es eine größere Anzahl der Namenslisten, was wohl auch zu Veränderungen in den Kräfteverhältnissen führen werde. Gemeinden waren durchwegs sehr gut auf Fusion vorbereitet, vor allem bei der EDV.

Michael Leitgeb vom steirischen Städtebund meinte, die mit der Fusion gewachsenen Städte könnten die Hotspots der Wahl sein: "Feldbach war relativ klein und hat nun mit über 13.000 Einwohnern eine der größten Kopfzahlen in der Steiermark. Weiters gibt es eine Vielzahl an neuen Wahlsprengeln und vor allem in den steirischen urbanen Räumen eine Vielzahl an wahlwerbenden Listen. Die neuen Gemeindegebiete machen Prognosen schwierig". (APA, 20.3.2015)