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Der Kostendruck steigt: Autobauer ringen sich künftig Einsparungen von bis zu sechs Prozent jährlich ab.

Foto: AP/Leodolter

Wien - Für Österreichs Autozulieferer führt an der weiten Welt kein Weg mehr vorbei. Mit Export ist es dabei nicht getan. Wer im Rennen um Aufträge bleiben will, ist gezwungen, Kunden mit eigenen Fa- briken in aufstrebende Märkte zu folgen. Setzten diesen Schritt bisher vor allem Konzerne wie Continental, Bosch und Schaeffler, die sich in Ländern wie China, Indien und Russland breit vernetzten, erleben künftig auch kleinere Lieferanten massiven Druck, in zusätzliche lokale Werke zu investieren.

Knapp 60 Prozent der gesamten Produktionskapazität der Autozulieferer werden in den nächsten fünf Jahren in Schwellenländern angesiedelt sein, geht aus einer aktuellen Studie von Boston Consulting hervor. Vor fünf Jahren waren es noch 45 Prozent. Die Berater sehen in der Folge allein in Deutschland bis zu 35.000 Arbeitsplätze gefährdet, in der Fertigung ebenso wie bei Ingenieursleistungen. Wie sich die Verlagerung von Leitwerken auf Österreich auswirkt, wurde nicht erhoben. Konsolidierung und Marktbereinigung verstärken sich auf jeden Fall auch hierzulande, sagt Ewald Kreid, Automotive-Experte bei Boston Consulting.

Audi investiert in Mexiko

In den vergangenen 18 Monaten sind allein nach Mexiko direkte Investitionen der Branche in Höhe von elf Milliarden Euro geflossen. 22 Milliarden Euro kamen China zugute. Beide sind in der Autoin- dustrie die derzeit am rasantesten wachsenden Märkte. Audi baut in San José Chiapa etwa aktuell eine seiner größten Fabriken. Gut 3800 Jobs sollen entstehen, 20.000 weitere in ihrem Dunstkreis, unter anderem durch Zulieferbetriebe.

Ein einziger Produktionsstandort und Deutschland als alleiniger Zielmarkt werde es auch für österreichische Lieferanten nicht mehr spielen, sagt Kreid. Wer weiterhin wachsen wolle, müsse an Ort und Stelle fertigen. "Dieser Herausforderung müssen sich auch die kleinen und mittelständischen Unternehmen stellen, sonst werden sie stark zurückgedrängt."

Wilfried Sihn, Logistikexperte und Leiter der Fraunhofer Austria Research GmbH, sieht den ohnehin bereits hohen Druck auf Österreichs Zulieferer weiter steigen. Die Botschaft der Industrie an sie sei unmissverständlich: Wer ihr nicht in Länder wie Mexiko folge, riskiere auch in Europa den Verlust an Aufträgen. Anders als Konzerne könnten sich kleine Betriebe beim Aufbau neuer Werke keine Fehlentscheidung leisten.

Mittelständler in der Bredouille

Sihn will von den in Deutschland an der Kippe stehenden Jobs nicht auf Österreich schließen, da er die Prognosen für hoch gegriffen hält. Dass auch hier ein Abfluss von Arbeitsplätzen droht, sei aber unbestritten. Am gefährdetsten hält Sihn die klassischen Mittelständler. Letztlich sichere nur noch Innovation das Überleben.

Der Sparzwang unter den Autobauern wächst: Waren bisher jährlich zwei bis drei Prozent üblich, um welche die Kosten im Jahr reduziert werden mussten, sind es künftig vier bis sechs Prozent - was ein Volumen von bis zu sechs Milliarden Dollar ergibt, errechnete Boston Consulting. Ein maßgeblicher Teil davon ist in der Regel von Zulieferern zu stemmen.

Franz Lückler, Chef des Autoclusters ACstyria, das 220 steirische Betriebe vereint, teilt die Sorge um Jobs nicht. "Wir sind keine verlängerte Werkbank. Forschung und Produktion gehören zusammen." Mit der F&E-Quote von 11,6 Prozent habe die Branche in der Steiermark Lokomotivwirkung.

Wolfgang Komatz, der das Autocluster in Oberösterreich managt, gibt sich ebenso zuversichtlich. Daraus, dass derzeit etwa 220 Stellen beim Zulieferer Mubea Carbo Tech in Salzburg aufgrund fehlender Folgeaufträge wegfallen, lasse sich kein Trend ableiten, sagt er. Er macht in der Internationalisierung der Industrie vielmehr Chancen für Österreich aus. Die Hürde für Kleine beim Aufbau von Kapazitäten in neuen Märkten sieht er weniger in den Kosten als in ihren geringen Personalressourcen. (Verena Kainrath, DER STANDARD, 20.3.2015)