Wien – Dass Gerhard B. und Peter M. beide anständige Menschen sind, ist auch zwischen ihren Rechtsvertretern unbestritten. Trotzdem sitzen die beiden älteren Herrn in einem Medienprozess vor Richter Stefan Romstorfer. Denn B. hat M. geklagt, da dieser ihm auf einer Webseite kaum verhüllt die Unterschlagung von Spendengeldern vorgeworfen hat.

"Beide arbeiten ehrenamtlich für einen wirklich guten Zweck", lobt auch Hermann Heller, Verteidiger des Beklagten. Sie sammeln die Kunststoffverschlüsse von Plastikflaschen, verkaufen die an Recyclingbetriebe und spenden das Geld für Kinder.

Aus nicht mehr genau eruierbaren Gründen kam es zum Konflikt. "Die beiden sind aneinandergeraten, mein Mandant hat dann den Artikel auf seiner Internetseite veröffentlicht." Der Inhalt: Eine Warnung vor B., dass dieser die Einnahmen nicht den Kindern zukommen lassen würde.

Gescheitertes Vergleichsgespräch

Heller ist mit dem strafprozessualem Aufwand nicht glücklich. "Die Anwaltskosten sollten eigentlich den Kindern zugutekommen. Wir haben vor dem Saal auch schon erste Vergleichsgespräche geführt." – "Das halte ich für sinnvoll", freut sich Romstorfer – zu früh. "Die sind leider gescheitert", erklärt ihm Heller. "Der Kostenbeitrag für den Kläger ist innerhalb von zehn Minuten von 1000 auf 4000 Euro gewachsen."

Der Richter gibt die Hoffnung nicht auf und erteilt Franz Kinesberger, dem Anwalt des Klägers, das Wort. "Mein Mandant fühlt sich persönlich verletzt", erklärt dieser. Durch M.s Behauptungen sei B. in der kleinen niederösterreichischen Gemeinde in Verruf gekommen. "Aus meinem Heimatort Bad Goisern könnte ich auswandern", ist Kinesberger überzeugt.

Er sondiert, mit wie viel Geld sein Mandant bei einer Verurteilung rechnen könnte. Romstorfer verweist auf Erfahrungswerte. Bei einer Webseite mit einer sehr überschaubaren Besucherzahl wären es wohl um die 700 Euro.

Stammtisch als Nachrichtenzentrale

In einem kleinen Ort ist es aber viel intensiver", wirft Kinesberger ein. "Es gibt ein Wirtshaus mit Stammtisch, das ist das Internet im Dorf", ist er von vorwiegend analoger ländlicher Nachrichtenübermittlung überzeugt.

Kläger B. will sich auch noch äußern. "Kurz bevor der Artikel erschienen ist, habe ich noch in der ganzen Gemeinde Werbung für die Sammelaktion gemacht." Er sei schon als "Mister Stöpsel" bekannt gewesen. Umso härter habe ihn die üble Nachrede getroffen.

Dann berät er sich vor der Tür mit seinem Anwalt über das Angebot der Gegenseite. 1500 Euro Kostenersatz, die Veröffentlichung einer Entschuldigung auf der Internetseite und ein Schreiben an die Gemeinde, in dem die Vorwürfe zurückgenommen werden.

Zu Romstorfers Erleichterung wird der Vergleich schließlich angenommen, alle Beteiligten schütteln einander sogar die Hände. Am Freitag werden wieder acht Tonnen Stöpsel abgeliefert werden. (Michael Möseneder, derStandard.at, 20.3.2015)