Moas-Retter im Einsatz: Den Mitarbeitern der Privatinitiative eines maltesischen Unternehmerehepaares gelang es im August und September 2014, rund 3000 Migranten und Flüchtlingen zu bergen. Heuer soll das Rettungsschiff schon im Mai auslaufen.

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Die Sprecherin der EU-Kommission drückt sich diplomatisch aus: Für Vorschläge aus den Mitgliedstaaten, wie die Flüchtlingssituation im Mittelmeer zu entschärfen sei, sei man "jederzeit offen".

Auch eine Ausweitung der Aktion Triton der EU-Grenzschutzagentur Frontex, im deren Rahmen seit November 2014 Schiffe das Mittelmeer bis zu zwölf Seemeilen (rund 20 Kilometer) vor den italienischen Küsten nach Flüchtlingsbooten absuchen, sei möglich: "Wenn es Geldzusagen der Staaten gibt." Doch die seien bisher ausgeblieben, weshalb konkret derzeit nichts geplant sei.

Ungezählte Tote

Somit geht Europa heuer ohne ernsthafte Rettungsvorkehrungen für Bootsflüchtlinge in die warme Jahreszeit. Dabei wagen dann viel mehr Menschen als im Winter die gefährliche Überfahrt in seeuntüchtigen Untersätzen Richtung Europa - und viele ertrinken. Wie viele, wird von keiner offiziellen Stelle gezählt, NGOs haben bisher 20.000 Tote dokumentiert.

Vergangenes Jahr habe immerhin die von der italienischen Marine betriebene Aktion Mare Nostrum bestanden, sagt Christian Peregin, Sprecher der maltesischen Privatinitiative Migrant Offshore Aid Station (Moas). Die Italiener hätten Flüchtlingen in Seenot auch auf offener See und in tunesischen und libyschen Gewässern geholfen, mehr als 100.000 Menschen wurden gerettet. Heuer fehle das: "2015 wird ein besonders hartes Jahr."

3000 Gerettete im 60 Tagen

Im Mai, so Peregrin, werde Moas, gegründet von den maltesischen Versicherungsunternehmern Regina und Christopher Catrambone, wieder mit dem Schiff Phoenix auslaufen, um gegen den Ertrinkungstod anzukämpfen, der zwischen Nordafrika und Italien allgegenwärtig ist. Derzeit werden noch Spenden gesammelt. Vergangenen Sommer war das Schiff mit Ärzten, Pflegepersonal und erfahrenen Seerettern an Bord 60 Tage unterwegs, im August und September. "In dieser Zeit haben wir 3000 Menschen gerettet."

Dies, sagt Hannes Hecher, sei humanitäre Pflicht - und extrem harte Arbeit. "Es ist im Grunde furchtbar", schildert der Geschäftsführer der österreichischen Firma Schiebel, die Moas zwei ferngesteuerte Kleinflugzeuge - sogenannte Camcopter - preiswert zur Verfügung stellt.

"Die Menschen sind außer sich"

Vergangenes Jahr waren jeweils drei Schiebel-Mitarbeiter mit auf der Phoenix, die in Zusammenarbeit mit Mare Nostrum tätig war; heuer wird sie auf eigene Faust vorgehen: "Erst werden die mit Kameras ausgestatteten Camcopter vorgeschickt, um zu erkunden, ob das Flüchtlingsboot intakt ist oder leck, ob Menschen im Wasser treiben. Dann werden zuerst die Kinder und Frauen, dann die Männer auf die Phönix geholt. Die Menschen sind außer sich und klammern sich aneinander."

Im heurigen Jahr werden die Moas-Aktivisten zumindest als Privathelfer auf hoher See nicht allein sein: In Hamburg wird derzeit am Kutter Sea Watch, der mit moderner Satellitentechnik ausgestattet ist, letzte Hand angelegt.

NGO-Aktion Sea Watch

Ende März soll das Schiff mit Brandenburger NGO-Aktivisten an Bord Richtung Mittelmeer starten, vor allem, um die dortige Flüchtlingssituation zu dokumentieren und öffentliche Stellen in konkreten Fällen zu Hilfe aufzufordern. Aber auch Rettungsinseln und Schwimmwesten werden mitgenommen. Zwar seien Privatinitiativen nur ein Tropfen auf den heißen Stein, weiß Schiebel-Geschäftsführer Hecher. Doch sie kämpften nicht zuletzt gegen das kollektive Wegschauen an.. (Irene Brickner, DER STANDARD, 18.3.2015)