Michel Houellebecq hat sich mit seiner Vision eines muslimischen Staatspräsidenten im Pariser Elysée-Palast getäuscht. Der französische Starautor beschreibt zwar raffiniert, wie der gemäßigt islamistische Kandidat von der politischen Konstellation und der Angst vor dem Front National profitiert. Sehr realitätsnah ist das aber offenbar nicht.

Bei den Departementswahlen am nächsten Sonntag tritt die "Union der muslimischen französischen Demokraten" nicht mehr an. Schritt für Schritt musste sie ihre Ambitionen zurücknehmen; zum Schluss bewirbt sie sich nicht einmal mehr in der Immigrantenstadt Marseille. Die Widerstände seien zu groß, ließ Parteichef Nagib Azergui verlauten. Das strikt laizistische Frankreich, das in seinen Ämtern und Schulen auch das Tragen des Kopftuches aus prinzipiellen Überlegungen verbietet, will keine konfessionellen Parteien. Auch die Christdemokraten rückten - historisch gesehen - ihr "C" stets in den Hintergrund.

Wer für die Trennung von Kirche und Staat eintritt, kann das nur begrüßen. Die wenig rücksichtsvolle Art, wie die Islampartei aus dem demokratischen Rennen gedrängt wurde, zeigt allerdings laut dem Immigrationssoziologen der Pariser Universität Sciences-Po, Vincent Tiberj, dass die etablierten Parteien selber ein Problem mit der muslimischen Wählerschaft haben. Diese Trennung müssen sie erst noch überwinden. (Stefan Brändle, DER STANDARD, 18.3.2015)