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Grafik: apa

Wien - Blicken die heimischen Unternehmer zu negativ in die Zukunft, oder aber sind sie zu Recht pessimistisch: Wer diese Frage mit Gewissheit beantworten kann, weiß, wie sich die österreichische Wirtschaft in den kommenden Monaten entwickeln wird.

Zur Erklärung: Die Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS haben am Montag ihre Frühjahrsprognosen präsentiert. Beide rechnen für 2015 mit einem schwachen Wachstum. Das IHS erwartet plus 0,8 Prozent, das Wifo rechnet sogar nur mit einem Plus von 0,5 Prozent. Damit wächst die Eurozone wie schon im Jahr 2014 stärker. Ganz im Gegensatz zur Vergangenheit, wo das heimische Wachstum höher war. "Österreich wechselt von der Überhol- auf die Kriechspur", sagt dazu Wifo-Chef Karl Aiginger.

Ölpreis auf Tiefstand

Doch die schlechten Prognosen für die heimische Wirtschaft sind überraschend. Denn das internationale Umfeld erscheint günstig wie schon lange nicht mehr. So ist der Ölpreis auf einem Tiefstand. Das Fass Rohöl kostet aktuell 53 Dollar und damit halb so viel wie vor einem Jahr. Der tiefere Preis hilft Unternehmen und Konsumenten, Energiekosten zu sparen.

Zugleich ist der Euro gegenüber dem Dollar auf einem Tiefstand. Das sollte die Exporte von Maschinen und Fahrzeugen beflügeln. Dazu passend: Die Wirtschaft in Österreichs wichtigstem Partnerland Deutschland wächst derzeit kräftig. Im zweiten großen Exportland aus heimischer Sicht, Italien, geht es nach drei Jahren Rezession ebenfalls wieder nach oben. Warum also sind IHS und Wifo trotzdem so pessimistisch?

Frühindikator abgerutscht

Die Antwort ist einfach: weil die Entwicklungen die österreichischen Firmen bisher kaltlassen. Unternehmerbefragungen deuten darauf hin, dass sich die heimische Konjunktur weiter schlecht entwickelt. Das zeigt etwa der Wifo-Frühindikator, in dessen Rahmen pro Monat rund 1600 Unternehmensbefragungen zu Auftragslage oder Produktionserwartungen ausgewertet werden. Der Frühindikator, der schon Ende 2014 eine miese Entwicklung erwarten ließ, ist seit Jahresbeginn noch weiter abgerutscht.

Deshalb rechnen das Wifo sowie das IHS erst 2016 mit einer Belebung des Außenhandels.

Kann es aber sein, dass Österreichs Firmen die Lage zu pessimistisch beurteilen? Zumal Unternehmerbefragungen Anfang 2014 auf eine Erholung hingedeutet haben, die dann in der Realität nie stattgefunden hat, die Erwartungshaltungen also auch falsch sein können. Ganz ausschließen will das Wifo-Chef Aiginger nicht. "Aber wir können die aktuellen Erwartungen bei unserer Prognose nicht ignorieren." Das Wifo sei zudem auch zurückhaltend, weil das Jahr 2014 in puncto Wachstum derart miserabel war.

Miserables Jahr

Ein wichtiger Grund für die Stagnation ist der schwache Konsum in Österreich. Die Inlandsnachfrage wird laut Wifo 2015 nur minimal anziehen. Verantwortlich dafür ist die Entwicklung der Reallöhne, die seit 2011 (Inflation, kalte Progression) sinken. Auch für 2015 und 2016 erwarten die Wirtschaftsforscher vom Wifo einen Reallohnrückgang.

Hier liegt auch die größte Unsicherheit der Prognose. Die Auswirkungen der geplanten Steuerreform ab 2016 sind noch nicht eingerechnet. Grundsätzlich können sowohl Aiginger als auch der wissenschaftliche Leiter des IHS, Helmut Hofer, der Reform positive Aspekte abgewinnen. Sowohl die geplante Entlastung des Faktors Arbeit als auch die Tatsache, dass sich die Regierung überhaupt geeinigt hat, seien ein gutes Zeichen, sagt etwa Hofer. Wie sehr die Entlastungen den Konsum und damit die Konjunktur stärken werden, sollen Wifo und IHS aber erst in den kommenden Wochen errechnen.

Sollte sich nichts ändern, wird das kommende Jahr am Arbeitsmarkt jedenfalls durchwachsen sein. So steigt zwar die Beschäftigung im Land 2015 wie schon 2014 weiter an. Wegen der schwachen Konjunktur werden aber insgesamt zu wenige Arbeitsplätze geschaffen. Deshalb wird auch die Erwerbslosenquote weiter steigen. Nach einem Anstieg der Quote um 0,8 Prozentpunkte auf 8,4 Prozent im vergangenen Jahr (nach nationaler Definition) rechnet das Wifo 2015 mit einer Arbeitslosenrate von 9,1 Prozent. Im kommenden Jahr soll sie noch auf 9,4 Prozent zulegen. Die Zahl der Arbeitslosen wird demnach von rund 319.000 auf fast 370.000 Menschen steigen. Zwar ist auch ein Rückgang der AMS-Schulungen für diese Entwicklung mitverantwortlich, sagt Aiginger, primäre Ursache ist aber die flaue Konjunktur im Land. (András Szigetvari, Der Standard, 17.3.2015)