Kanzler Werner Faymann kann sich ein Barzahlungsverbot in der Baubranche vorstellen

Wien – Die Stimmung im Wirtschaftsbund ist sehr schlecht", gesteht Peter Haubner. Der Generalsekretär des ÖVP-Wirtschaftsflügels muss seinen Mitstreitern erklären, warum ausgerechnet unter dem früheren Wirtschaftskammerfunktionär Reinhold Mitterlehner eine Registrierkassenpflicht kommt und das Bankgeheimnis für Betriebe massiv gelockert wird. Beide Maßnahmen sollen kommen, um die fünf Milliarden Euro schwere Steuerreform zum Teil gegenzufinanzieren – was die Arbeit Haubners erschwert. Man kenne kaum Details, sondern "nur Überschriften", wie der Abgeordnete sagt.

Auf SPÖ-Seite hält sich der Unmut vorerst in Grenzen. Klärungsbedarf sieht man aber noch beim Kapitel "Maßnahmen gegen Sozialbetrug". Der STANDARD gibt einen Überblick, welche Teile des Steuerpakets noch wackeln.

  • Bankgeheimnis: Kalt erwischt wurden die ÖVPler mit der Regierungsankündigung, das Bankgeheimnis für Betriebe weitgehend abzuschaffen. ÖVP-Finanzsprecher Andreas Zakostelsky will zwar nicht mit einem Nein im Parlament drohen, sieht aber noch einige offene Fragen.

    Dass die Finanz generell bei allen Abgabenprüfungen Einschau in die Bankkonten nehmen können soll, geht im zu weit. Hier brauche es Präzisierungen, dass ein begründeter Verdacht vorliegen muss. Zakostelsky, lange Chef der zu Raiffeisen gehörenden Pensionskasse Valida, befürchtet aber auch Mehrkosten für die Banken. Die Einrichtung eines zentralen Bankkontenregisters habe in Deutschland Kosten im dreistelligen Millionenbereich verursacht. Eine Schätzung für Österreich hat er zwar noch nicht, aber: "Das muss man den Banken ersetzen."

    Was beim Bankgeheimnis erschwerend dazukommt: Rot-Schwarz ist im Parlament auf die Zustimmung von Grünen oder Freiheitlichen angewiesen. FPÖ-Finanzsprecher Hubert Fuchs schließt eine Zustimmung der Blauen aus. Der grüne Budgetsprecher Bruno Rossmann will sich zwar noch nicht festlegen, zeigt sich aber gesprächsbereit. "Da haben wir Handlungsbedarf." Lieber wäre ihm aber eine generelle Abschaffung des Bankgeheimnisses, also auch für Private.

    Auch Private betroffen


    Wobei die Abgrenzung in der Praxis ohnehin schwierig ist. ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner kann sich Kontoöffnungen auch bei privaten Wohnungsvermittlern (z. B. via Airbnb) vorstellen, wie er in der ORF-"Pressestunde" (siehe Bericht zur "Pressestunde") sagte. Diese haben oft kein Gewerbe angemeldet, können aber natürlich trotzdem Steuern unterschlagen.

  • KESt: Hürden gibt es auch bei der Kapitalertragsteuer. Wie berichtet soll sie bei Dividenden auf 27,5 Prozent steigen, für Sparbücher aber bei 25 Prozent bleiben. Das Problem dabei: Laut einer Verfassungsbestimmung muss es einen "einheitlichen Satz" geben, der "nicht mehr als die Hälfte" des Spitzensteuersatzes ausmachen darf. Die für eine Änderung der Verfassungsbestimmung nötige Zustimmung der Grünen ist hier alles andere als sicher, den Grünen fehlt im Steuerpaket vor allem eine Erbschaftssteuer.

    Für SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer ist die Unterstützung einer Oppositionspartei aber nicht zwingend. Seine Argumentation, bei der er sich auf nicht genannte Verfassungsexperten beruft: Der Spitzensteuersatz könne mit einfachem Gesetz auf 55 Prozent angehoben werden, wodurch auch die KESt auf 27,5 Prozent steigen könne. Dann beschließe man, ebenfalls mit einfacher Mehrheit, eine Ausnahme für Sparbücher. Und da kein Sparbuchbesitzer geschädigt, sondern nur begünstigt werde, könne es zu keiner Klage kommen.

    Fragliche Lösung

    Ob diese Konstruktion vor dem Höchstgericht halten würde, ist aber mehr als fraglich. Für den Steuerrechtler Werner Doralt wäre sie eine "offenkundige Umgehung" eines Verfassungsgesetzes, die mit "größter Wahrscheinlichkeit" aufgehoben würde.

  • Sozialbetrug: Noch heftig gefeilscht wird auch bei Maßnahmen gegen vermeintlichen Sozialbetrug. Wie berichtet drängt die ÖVP auf strengere Krankenstandsregelungen für Arbeitslose, stärkere Arbeitsanreize für Bezieher von Mindestsicherung und Maßnahmen gegen E-Card-Missbrauch. Einige Überlegungen stoßen bei den Roten auf Widerstand. So gibt es die Idee, dass Arbeitnehmer selbst kontrollieren sollen (via Internet), ob sie bei der Sozialversicherung angemeldet sind. Kommen sie drauf, dass sie es nicht sind, und arbeiten trotzdem weiter, würden sie bestraft. Das sei absurd, erklärt ein Roter. In der Praxis könne man von keinem Arbeitnehmer verlangen, selbst Kontrollen anzustellen.

    Was man sich eher vorstellen kann: Um Scheinrechnungen im Baubereich einzudämmen, schlägt das Finanzministerium ein Barzahlungsverbot vor. Offene Rechnungen zwischen zwei Firmen müssten also per Überweisung beglichen werden. Für private Häuslbauer soll die Regelung dem Vernehmen nach nicht gelten. Wobei aber auch hier gilt: Die Details sind noch offen.

  • Registrierkassen: Und schließlich wollen die Schwarzen weitere Abschwächungen bei der Registrierkassenpflicht. Einige Einschränkungen wurden ohnehin schon vereinbart. Sie gilt nur für Betriebe, deren Nettoumsatz mehr als 15.000 Euro im Jahr liegt. Auch für Vereinsfeste, mobile Umsätze (z. B. Masseure) und kleine Geschäfte an öffentlichen Plätzen (Maronibrater, Eisstand) wird es Ausnahmen geben. (Günther Oswald, DER STANDARD, 16.3.2015)