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Baldwin Lonsdale betete sich zum Wahlsieg.

APA/EPA/TOSHIFUMI KITAMURA

Es schien, als hätte Baldwin Lonsdale seinen Glauben an Gott verloren. Jener Glaube, der ihn seiner Meinung nach in das Präsidentenamt von Vanuatu befördert hatte, wurde offenbar von schierer Verzweiflung verdrängt, als das Ausmaß der Verwüstung in seinem Land durch den Zyklon Pam in Ansätzen sichtbar wurde. "Unsere Hoffnung auf eine blühende Zukunft ist zerstört", gab Lonsdale auf einer UN-Konferenz zur Katastrophenvorsorge in Japan von sich.

Kurz zuvor hatte der Wirbelsturm im Pazifik-Inselstaat gewütet, in dem Lonsdale seit einem halben Jahr das Präsidentenamt ausübt. Vanuatus Staatsoberhaupt scheute sich nicht, offen um Hilfe aus dem Ausland zu bitten: "Ich appelliere im Namen meiner Regierung und des Volkes an Sie, uns eine Hand zu reichen, um mit diesem Unglück fertigzuwerden."

In seinem Leben neben der Politik spricht Lonsdale nicht für die etwas mehr als 250.000 Einwohner des Pazifik-Paradieses, seine Stimme erhebt er dann als anglikanischer Geistlicher im Namen des Herrn. Politisch und für das Land tätig war Lonsdale aber nebenbei schon immer. In dem Staat, der nach britisch-französischer Kontrolle erst im Jahr 1980 seine volle Souveränität erlangt hatte, agierte Lonsdale bis 2014 als Generalsekretär von Torba, der nördlichsten der sechs Provinzen Vanuatus.

Alle fünf Jahre wird das Staatsoberhaupt von Vanuatu von einem Gremium aus Parlamentsabgeordneten und den Präsidenten der regionalen Parlamente gewählt. Als im September 2014 ein Nachfolger für den scheidenden Präsidenten Iolu Abil gesucht wurde, bewarb sich Lonsdale als Parteiunabhängiger für das höchste Amt des Landes, in dem man hauptsächlich repräsentative Aufgaben wahrzunehmen hat.

Dann zeigte sich, dass ein Konsens in einem Land mit 83 Inseln, über 100 Sprachen und einem Parlament mit 16 Parteien und vier unabhängigen Abgeordneten durchaus ein ambitioniertes Ziel darstellt. Bis dahin noch nie erforderliche acht Wahlgänge waren notwendig, um Lonsdale als zweiten anglikanischen Geistlichen in das Präsidentenamt zu hieven. Sein Triumph, verriet Lonsdale wenig später, sei das Ergebnis seiner Gebete gewesen. Seiner Popularität tat das in einem Land mit mehr als 80 Prozent Christen sicherlich keinen Abbruch. Ob er sich angesichts der Zyklon-Katastrophe wieder an den Allmächtigen gewandt hat, ist nicht bekannt. Aus dem Ausland ist auf alle Fälle schon Hilfe unterwegs. (Kim Son Hoang, DER STANDARD, 16.3.2015)