Europa ist der größte Energieimporteur der Welt. Diese große Nachfrage gelte es so zu bündeln, dass Sparpotenziale gehoben werden können, sagt der zuständige EU-Kommissar Maros Sefcovic.

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Wien - Es ist ein Plan, den Beobachter mit dem Vorhaben vergleichen, einen einheitlichen europäischen Kapitalmarkt zu schaffen: Die Schaffung einer EU-Energieunion steht in der neuen Kommission ganz oben auf der Agenda. So sehr, dass es mit EU-Vizepräsident Maros Sefcovic einen extra dafür zuständigen EU-Kommissar gibt. Neben dem Kommissar für Energie und Klimaschutz, Miguel Arias Canete.

Sefcovic bezeichnet das Vorhaben als das "ambitionierteste seit Gründung der Kohle-Stahl-Union". Weil es so komplex sei, müsse es ganzheitlich angegangen werden, sagte er anlässlich des European Forum für Renewable Energy Sources" (Eufrores) im Parlament in Wien.

Ähnlich wie die Vorhaben bei der Finanzpolitik greift der Plan bei einzelnen Vorhaben tief in die Belange der EU-Mitglieder ein. Und bei einer ganzen Reihe von Projekten ist mit Widerstand in den bei betroffenen Staaten zu rechnen:

Gas- und Erdölimporte

So sollen die einzelnen, meist langfristigen Verträge zum Import von Gas- und Erdöl vor der EU-Kommission offengelegt und so vergleichbar werden.

Dieses Vorhaben, das unter dem Schlagwort "mehr Transparenz" läuft, sei notwendig, da die Staaten ganz unterschiedliche Preise zahlen müssen. "Gasprom verhandelt immer mit einzelnen Ländern", erläutert Sefcovic. Da dieser Transparenzplan voraussichtlich auf viel Widerstand bei einigen Mitgliedern stoßen würde, will er, dass an die Kommission "aggregierte Informationen" weitergeleitet werden. Diese könnten dann als "eine Art Benchmark" Vergleichbarkeit möglich machen. Aber: "Das ist natürlich sehr schwierig." Auch müsse eine eventuelle Nachfragebündelung im Einklang mit den Bestimmungen der Welthandelsorganisation und dem EU-Wettbewerbsrecht stehen.

Stromnetze

Um den Energiebinnenmarkt voranzutreiben, müssen die Stromnetze grenzüberschreitend verbunden werden. Um diese - schon lange existierende Forderung - umzusetzen, plädiert Sefcovic dafür, auf regionaler Ebene anzusetzen, und verweist auf Beispiele, wo dies aus Kapazitäts-Ausgleichsgründen bereits funktioniert: In den skandinavischen Ländern, im Baltikum und bei den Beneluxstaaten.

Die Sparpotenziale, die durch mehr Zusammenarbeit gehoben werden könnten, seien jedenfalls enorm. Derzeit werden 53 Prozent des Energieverbrauchs von außerhalb der EU importiert. Dies kostet jährlich 400 Milliarden Euro. Dazu komme, dass für die Unterstützung von erneuerbaren Energien jährlich 220 Milliarden Euro ausgegeben werden. Sefcovic rechnet damit, dass dies zurückgefahren werden kann. "Erneuerbare sind bis 2017, 2020 marktreif."

Nuklearenergie

Trotz Energieunion ist der Energiemix der einzelnen Mitglieder weiterhin nationale Sache. So auch bei Atomkraft. "16 EU-Mitglieder haben Atomkraft, zwei - Deutschland und Bulgarien - steigen aus. Es setzt also etwa die Hälfte der Mitglieder auf Nuklearenergie", führt Sefcovic aus.

Bedeckt gab er sich, was das ungarische Kernkraftwerk Paks betrifft. Die Financial Times hatte berichtet, dass die EU-Kommission den geplanten Ausbau von Paks blockiere, ein Milliarden-Euro-Deal zwischen Ungarn und Russland könnte gefährdet sein. Die EU-Kommission erklärte am Freitag, sie blockiere den Ausbau des ungarischen AKWs nicht. Thema sei nur die Lieferung von nuklearem Brennmaterial.

Strommarkt

Beim Strommarkt lassen sich große nationale Unterschiede, festmachen. Nicht auf Großhandelsebene, aber bei den Verbraucherpreisen. Diese Preisunterschiede sind laut dem Kommissar die Summe der vielen verschiedenen Regelungen, Gesetze, Steuern und Gesellschaften. Auch technische Hürden fallen ins Gewicht. So gibt es weiterhin innerhalb der EU unterschiedliche Steckdosen, und auch sonst unzählige verschiedene Normen und Standards. Angedacht ist, dass künftig alle zwei Jahre eine EU-weite Analyse über die Preisstrukturen bei Energie veröffentlicht wird. Eine Energiesteuer werde es nicht geben. (ruz, Der Standard)