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Spuren der Verwüstung am Strand von Port Vila: In der Hauptstadt von Vanuatu wurden bis zu neunzig Prozent der Häuser zerstört. Die Situation auf den anderen Inseln ist großteils noch unklar.

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Grafik: DER STANDARD

Port Vila / Sydney - Der wahre Schrecken dürfte erst noch kommen. Nachdem am Wochenende Wirbelsturm Pam mit voller Wucht auf den Pazifik-Inselstaat Vanuatu traf, sprach das UN-Nothilfebüro OCHA am Montagabend Ortszeit von 24 Todesopfern. Hilfsorganisationen gehen aber von mindestens hunderten von Toten aus, doch auch das scheint nur eine vorsichtige Prognose zu sein. Derzeit ist nämlich das Schicksal zehntausender Menschen unklar, da praktisch alle Kommunikationswege zwischen den Inseln Vanuatus unterbrochen sind.

Der Wirbelsturm der höchsten Kategorie war am Samstag mit Geschwindigkeiten von bis zu 300 Stundenkilometern über die Inselgruppe gezogen. Vanuatu ist als Ferienparadies in der Südsee bekannt, etwa 1700 Kilometer von Nordaustralien entfernt. Das Land besteht aus 82 Inseln - 65 davon sind bewohnt. In der Hauptstadt Port Vila war die Wucht des Zyklons so groß, dass Fenster eingedrückt und Türen aus ihrer Verankerung gerissen wurden. Häuser in Strandnähe standen zeitweise metertief unter Wasser.

In der Hauptstadt mit ihren relativ modernen Gebäuden seien bis zu 90 Prozent der Häuser beschädigt, meldeten Beobachter am Sonntag. Tom Skirrow von der NGO "Save the Children" meinte, Port Vila sei ein Bild völliger Zerstörung: "Häuser sind zerstört, Bäume entwurzelt, Straßen blockiert, und Menschen irren auf den Straßen umher auf der Suche nach Hilfe." Viele Schutzunterkünfte, in die sich Bewohner gerettet hatten, stünden unter Wasser, so die Entwicklungshelferin Charlie Demon. Gemäß der australischen meteorologischen Anstalt zog der Wirbelsturm überraschend nahe an Port Vila vorbei. Auf der Hauptinsel leben rund 65.000 Menschen.

Hilferuf des Präsidenten

Die Regierung von Vanuatu rief am Sonntag für den Bezirk der Hauptstadt den Notstand aus, Präsident Baldwin Lonsdale bat die internationale Gemeinschaft um rasche Hilfe. Die ersten Aktionen sind bereits angelaufen: Die Nachbarländer Australien und Neuseeland haben Teams entsandt, die Europäische Union stellte in einer ersten Reaktion eine Million Euro für Hilfeleistungen bereit.

Große Bedenken haben Rettungsorganisationen für die Bewohner der entlegenen Inseln im Norden und Süden der Gruppe, die direkt im Weg des Wirbelsturms lagen. Zehntausende von Menschen leben auf diesen Inseln, in der Regel in traditionellen Unterkünften aus Bambus und Stroh, die wenig Schutz vor starker Witterung bieten. Chloe Morrision der NGO World Vision meinte, einige Dörfer seien offenbar "buchstäblich in die Luft gehoben und weggeblasen worden".

Hilfsorganisationen fürchten, dass sich die Situation für die Überlebenden schnell verschlechtern könnte, wenn nicht rasch Hilfe kommt. Die Menschen hätten "zwar überlebt, haben aber nichts zum Überleben. Deshalb müssen wir so rasch wie möglich hin", meinte Sune Gudnitz, Chef des Pazifikbüros der UN-Nothilfekoordination.

Auch in den Nachbarstaaten Vanuatus wurden schwere Schäden gemeldet, darunter in Neukaledonien und auf den Salomonen-Inseln. In Tuvalu seien 45 Prozent der 10.000 Einwohner schwer getroffen, sagte Regierungschef Enele Sopoaga im neuseeländischen Rundfunk. Am Sonntagabend Ortszeit nahm der Zyklon Kurs auf Neuseeland. Der Wetterdienst warnte vor Sturmfluten.

Immer mehr Wirbelstürme

Im Pazifik kommt es in den Sommermonaten immer wieder zu Zyklonen. Laut Meteorologen haben deren Zahl und Intensität in den letzten Jahren zugenommen. Experten machen dafür unter anderem dem Klimawandel verantwortlich, vor allem die Erhöhung der globalen Durchschnittstemperaturen. (Urs Wälterlin, DER STANDARD, 16.3.2015)