Athen - Griechenlands links-geführte Regierung will Brüssel und Berlin im Schuldenstreit offenbar einen Schritt entgegenkommen. "Wir sind bereit, die Umsetzung einiger Wahlversprechen aufzuschieben, wenn dies notwendig ist, um bei unseren Partnern Vertrauen zu schaffen", sagte Finanzminister Giannis Varoufakis.

Nach einem Bericht der italienischen Zeitung "Corriere della Sera" (Samstagsausgabe) sagte Varoufakis am Freitagabend vor Wirtschaftsführern in Cernobbio, das Programm seiner Regierung erstrecke sich über vier Jahre. Bei der Veranstaltung hinter verschlossenen Türen schloss Varoufakis dem Bericht zufolge aus, dass sich Athen von Moskau oder Peking aus der Schuldenkrise helfen lassen könnte, um die Bedingungen der Euro-Länder zu umschiffen.

"Es gibt keine alternative Lösung, wir fordern keine Hilfe von außerhalb (der Eurozone)", zitierte die Zeitung den Minister. "Wir pflegen gute Beziehungen mit Russland, China und anderen Ländern. Aber unser Problem ist ein europäisches, das wir innerhalb unserer europäischen Familie lösen werden."

Er bekundete den Willen Athens, seine Schulden vollständig zu begleichen, forderte aber zugleich mehr Hilfe zur Belebung der Wirtschaft. Er warb erneut für seinen Vorschlag, die Rückzahlung der Kredite an ein Wirtschaftswachstum zu koppeln. "Je mehr sich Griechenland erholt, je mehr ist es in der Lage, die Darlehen zurückzuzahlen."

Die Bemühungen der Eurogruppe um eine Rettung des pleitebedrohten Staates stocken. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte daher vor zwei Tagen nicht ausgeschlossen, dass das Land ungeordnet aus dem Euro ausscheiden könnte. Reparationsforderungen an Berlin sowie die Drohung Athens, illegal eingereiste Flüchtlinge nach Deutschland weiterzuschicken, haben den Streit weiter angeheizt.

Schulz kritisiert Koalitionspartner

Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz (SPD), hat den griechischen Regierungschef Alexis Tsipras indessen aufgefordert, die Koalition mit den Rechtspopulisten zu beenden. "Ich halte die jetzige Koalition der Linkspartei mit diesen Rechtspopulisten für einen Fehler", sagte Schulz der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Er habe dies Tsipras bei einem Treffen am Freitag in Brüssel deutlich gesagt, hieß es weiter. Über den Chef der rechtspopulistischen Partei Unabhängige Griechen (Anel), Panos Kammenos, sagte Schulz: "Der Elefant im Porzellanladen erscheint mir verglichen mit Herrn Kammenos wie ein feinziselierter Diplomat."

Kammenos hatte damit gedroht, Europa mit Flüchtlingen zu überschwemmen, wenn sein Land nicht weiter von den Geldgebern finanziert werde. Am Samstag erinnerte der griechische Verteidigungsminister in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung an die Verwicklung von Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in die CDU-Spendenaffäre.

"Wir Griechen erinnern uns genau, dass Herr Schäuble sein Amt als Parteivorsitzender aufgeben musste, weil er in einen Fall von Bestechung verwickelt war. Aber er ist heute trotzdem Finanzminister", sagte Kammenos der "Bild". "Bei aller Kritik an der Korruption in Griechenland ist es ja auch nicht so, dass Deutschland oder Herr Schäuble immer fehlerfrei waren."

Schäuble war 2000 als CDU-Chef zurückgetreten, weil er 1994 eine Bar-Spende von 100.000 Mark für seine Partei angenommen hatte, die nicht ordnungsgemäß verbucht worden war. Kammenos hatte gedroht, Flüchtlinge nach Deutschland weiterzuschicken, sollte sein Land aus der Euro-Zone gedrängt werden. (APA, 14.3.2015)