Diese Steuerreform ist kein großer Wurf, aber die Entlastung fiel mit rund fünf Milliarden Euro doch größer als erwartet aus. Auf der Haben-Seite gibt es ein deutliches Plus für die meisten Steuerzahler. Die kleinen und mittleren Einkommen werden merklich entlastet. Ob das zu deutlich mehr Konsum und damit zur Ankurbelung der Wirtschaft führt, wie von Kanzler und Vizekanzler erwartet, wird sich erst zeigen. Viele haben die Krisenerfahrung schon so internalisiert, dass sie wohl vorsorgen wollen.

Dass der ohnehin schon hohe Spitzensteuersatz auf 55 Prozent ansteigt, wird auf wenig Protest stoßen, denn das trifft nur bis zu 400 Personen, die mehr als eine Million Euro pro Jahr verdienen. Zudem ist die Anhebung auf fünf Jahre befristet. Das bringt auch nur einen bescheidenen Beitrag von 50 Millionen Euro.

Die SPÖ wird es schwer haben, dies aufgrund der kleinen Gruppe von Betroffenen als Reichensteuer zu verkaufen. Denn eine allgemeine Erbschafts- oder Schenkungssteuer konnten die Sozialdemokraten nicht durchsetzen. Der Steuersatz bei Erbschaften und Schenkungen von Grundstücken und Immobilien steigt zwar an - aber nur, wenn der Wert 400.000 Euro übersteigt. Wer Kunstwerke oder Aktien geschenkt bekommt oder erbt, wird nicht zur Kasse gebeten. Auch die Anhebung der Kapitalertragssteuer auf Dividenden und Wertpapiere geht nicht als Reichensteuer durch. Von den ursprünglich veranschlagten zwei Milliarden Euro sind nur 350 Millionen übrig geblieben. Das ist nur ein geringer Beitrag zu mehr Verteilungsgerechtigkeit.

Immerhin - sagt die SPÖ. Sogar der Gewerkschaftsbund stimmt zu. Wir haben Schlimmeres verhindert - sagt die ÖVP. Sogar der Wirtschaftsbund akzeptiert dafür die Registrierkassenpflicht, die - wieder typisch österreichisch - auch mit Ausnahmen versehen ist.

Das Problem der ganzen Steuerreform ist die Soll-Seite. Die Gegenfinanzierung basiert zum Großteil auf vagen Annahmen und dem Prinzip Hoffnung. Ein Maßnahmenpaket gegen Steuerbetrug macht 1,9 Milliarden Euro aus. Die Vorschläge sind aber nicht sehr konkret, wie Betrugsbekämpfung im Bereich Mineralölsteuer und eine modernere IT für die Finanzverwaltung. Noch vager ist die Ankündigung, durch sinnvolle Einsparungen in der Verwaltung eine Milliarde Euro zur Gegenfinanzierung beitragen zu wollen. Bei beiden Projekten drängt sich ein Vergleich mit Griechenland auf: Die Griechen werden auch zu Recht gefragt, warum habt ihr das nicht längst gemacht?

Da diese beiden Schritte 2,9 Milliarden Euro einbringen sollen, ist zu befürchten, dass der Entlastung schon bald eine Belastung folgen wird - wenn man nämlich die Gegenfinanzierung nicht hinbekommt. Aufgrund der EU-Vorgaben kann das Budget nicht einfach überschritten werden.

Hinter einer vagen Ankündigung, Bankauskünfte im Zusammenhang mit Abgabenprüfungen durchzuführen, versteckt sich dagegen mehr. Das kommt de facto einer Abschaffung des Bankgeheimnisses gleich. Zu Einschnitten, etwa bei Förderungen, konnte sich die Regierung nicht durchringen. Strukturreformen sind ebenfalls nicht Teil des Pakets - nicht einmal ansatzweise. Herausgekommen ist ein klassischer Kompromiss, der beiden Parteien ermöglicht, ihrer Klientel Erfolge zu verkaufen und Zugeständnisse zu kaschieren. Zu Euphorie oder Superlativen besteht kein Anlass. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, 14.3.2015)