Neue, eigene Plattform, neues Bedienkonzept auf Tablet-Basis, neue, kristallklare Formensprache: Mit dem lange erwarteten XC90 legt Volvo einen fulminanten Neustart hin. Und für die ökoaffine Klientel gibt 's sogar ein Plug-in-Hybridmodell.

Eine Zeitenwende kommt nicht von heute auf morgen - zack!, da habt ihr sie. Sie kündigt sich an, wetterleuchtend, mit Todeszucken und Geburtswehen (wie sich das derzeit am Übergang vom Zeitalter der Fische zu jenem des Wassermanns zeigt), und ist das neue Äon da, trägt es unverkennbar noch Spuren von einst. So was lässt sich auch am Mikrokosmos einer Autofirma feststellen, Volvo diesfalls.

Foto: Volvo

Concept Coupé hieß so ein erstes Wetterleuchten bei den Schweden, 2013, wo Volvo zeigte, wie es sich nach der Ford-Ära unter chinesischem Walmdach (seit 2010 gehört Volvo zur Geely Holding) designmäßig neu zu finden trachtet. Zitatgeber für die atemberaubende Studie war der Klassiker P1800. Ja, und dann schimmerte immer wieder mal durch, dass hinsichtlich Bedienkonzept ein neuer Ansatz zu erwarten sei.

Der XC90 läutet nun die neue Ära ein, mit den in der Studie avisierten klassisch-sachlich-kühlen, klaren Formen, für die der deutsche Designchef Thomas Ingenlath verantwortlich ist und zeichnet. Ja: das Auto gefällt sofort. Ja: Es wird uns auch nach Jahren noch gefallen. Ja: Da ist keine Falte zu viel. Und ja: Der altgediente Vorgänger (2002 bis 2014), schon der ein Musterbeispiel für Langzeitdesign, ist auch in der Neuauflage wieder zu erkennen.

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Der XC90 ist ein SUV für Fahrer mit HUD: Die wesentlichen fahrtrelevanten Informationen, und damit sind wir, wie bei der Präsentation in Katalonien, auch schon in den noblen Innenraum geschlüpft, finden sich direkt in Sichtachse im gestochen scharfen Head-up-Display.

Mehr Infos gibt's eine Etage drunter in den Armaturen - und jetzt kommt' s: Dort, wo inzwischen fast alle Hersteller eine Trennung zwischen Bedien- (Dreh-Drück-Knopf, Funktionstasten) und Sichteinheit (längsrechteckiges Display) vornehmen, dockt Volvo an die aktuelle Computerwelt an. Die haben tatsächlich ein Tablet im Hochformat in die Mittelkonsole, nun fast knopferlfreie Zone, verbaut, wie gewohnt fingerfertig zu bedienen. Das macht sonst nur Tesla, die E-Auto-Quetschn findet absatztechnisch aber praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

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Interessant und schafft Eigenständigkeit im Konkurrenzumfeld, ist aber zunächst gewöhnungsbedürftig. Die wenigen Software-Kinderkrankheiten - zoomt man auf der Landkarte im Navi ran, wird dies auch als Wunsch interpretiert, die Position zu fixieren; erst via Escape-Taste kommt man wieder auf die jeweilige Fahrposition - sollten aber rasch beseitigt sein, und fährt man erst ein paar Monate mit diesem Auto, macht man das bestimmt ganz intuitiv, somnambul.

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Bei der Material- und Qualitätsanmutung hat Volvo gegenüber dem Vorgänger einen gewaltigen Sprung gemacht. Das liegt einerseits daran, dass nicht mehr der vermaledeite Ford-Sparstift regiert, andererseits auch an einer neuen Qualitätsanmutungssensibilisierung, hübsches Wort, gell, für die unter anderem der deutsche Volvo-Entwicklungschef Peter Mertens verantwortlich zeichnet. Das Resultat ist erstaunlich, Volvo ist ab sofort wieder vollwertiges Mitglied der Premium-Liga.

Ganz vorn mit spielt Volvo schon immer bei der Sicherheit, erwähnt seien zwei Weltneuheiten: Kreuzungsbrems-Assistent und "Run off Road Protection", hilfreich beispielsweise, wenn wer in den Graben zu fahren droht. Ganz hinten wiederum finden beim 7-Sitzer sogar Menschen bis zu 1,70 m Größe würdig Platz.

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Der XC90 ist 125 kg leichter als bisher und der erste Volvo, der ausschließlich mit den neuen 2,0-Liter-4-Zylindern bestückt wird, die ein Leistungsspektrum von 190 bis 400 PS abdecken.

Topmodell ist der komfortabel luftgefederte Plug-in-Hybrid, der elektrisch über 40 km schafft. In Kurven merkt man ihm aber die Zusatzmasse an. Anders der 225-PS-Diesel D5, der sich bei straffer, dennoch komfortabler Federung recht agil fährt. Hier macht sich auch bezahlt, dass die Ingenieure vorne und hinten eine neue Radaufhängung ersonnen haben. Fazit XC90? Fulminanter Neustart.

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Und wie geht's weiter: "2018 wird der XC90 unser ältestes Modell sein", kündigt Volvo eine nie da gewesene Modelloffensive an. 2016 kommen S90, V90, V90 Cross Country, 2017 XC60, S60, V60, V60 Cross Country, 2018 folgt die neue 40er-Baureihe. Volvo-Zeitenwende, wie gesagt. (Andreas Stockinger, DER STANDARD, 13.3.2015)

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Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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