Auch 2015 wird nicht das Jahr des Werner Faymann. Ihm hängen noch die parteiinternen Debatten aus dem Vorjahr nach, Leadership ist schwer zu erkennen. Auch nicht - und gerade nicht gegenüber dem Koalitionspartner. Die Steuerreform wird für Faymann nicht den erhofften Befreiungsschlag bringen. Daran ist die Regierung schuld.

Vom Volumen her mag die Steuerreform wohl die größte aller Zeiten sein, wieder einmal. Und viele Ansätze sind positiv. Die etwas reduzierte Kernbotschaft der SPÖ in den letzten Tagen und Wochen - mehr netto vom brutto - wird die Steuerreform bei den meisten Bürgern vordergründig einlösen können. Das ist ein Verdienst.

Aber die Regierung hat sich ihre Reform schon vorher selbst schlechtgeredet. Kaum einer hatte noch die Erwartung, was ihm die Reform an Entlastung bringen wird, die meisten fürchteten nur noch, was sie sie kosten wird. Die Kommunikation der Regierung ist verunglückt. Der Koalition ist es nicht gelungen, die Steuerreform als gemeinsames positives Projekt darzustellen. Im Gegenteil: Die Vorbereitungen und die Verhandlungen erweckten den Eindruck, hier gehe es um ein Gegeneinander, nicht um ein Miteinander. Im Vordergrund stand und steht, was man dem jeweils anderen runterräumen, was man an Wünschen und Vorstellungen des anderen verhindern konnte.

Die SPÖ hat es dabei sich selbst besonders schwergemacht. Sie hatte unerfüllbare Forderungen aufgestellt und vor allem bei der eigenen Klientel eine Erwartungshaltung erzeugt, an der sie nur scheitern konnte. Faymann wollte es allen in der Partei recht machen. Er hat sich den Gewerkschaftern ausgeliefert, indem er deren Konzept übernahm, und wollte die Parteijugend besänftigen, indem er einen Hauch von Klassenkampf verbreitete. Die Reichen sollen zahlen! Gerechtigkeit! Millionärssteuer! Vielen in der SPÖ gefiel das gut. Und die ÖVP ließ den Kanzler genüsslich auflaufen.

Die 1,5 Milliarden Euro, die die SPÖ ursprünglich unter dem Titel Vermögenssteuer als Gegenfinanzierung angeführt hatte, sind dramatisch geschrumpft, und die einzelnen, verbliebenen Punkte sind schwer kommunizierbar. Der ÖVP ist das sehr wohl bewusst, sie hat das gezielt betrieben - einerseits aus purer Klientelpolitik und ideologischen Erwägungen, andererseits um Faymann ganz gezielt den schwarzen Peter zuzuspielen.

Am griffigsten zu kommunizieren ist wohl noch der neue Spitzensteuersatz von 55 Prozent, der allerdings nicht viel bringt und nur ganz wenige betrifft. Das ist mehr ein symbolischer Akt. Die SPÖ zeigt damit, dass sie "den Reichen" damit doch ein wenig gegen das Schienbein tritt, nicht fest, aber immerhin.

Die Euphorie in der Bevölkerung und bei der jeweils eigenen Klientel wird sich in engem Rahmen halten. Vieles bleibt bei dieser Steuerreform im Vagen. Die Betrugsbekämpfung, die gleich mit 1,9 Milliarden Euro beziffert ist, ebenso wie die Einsparungen in der Verwaltung, die eine Milliarde Euro bringen sollen, müssen erst mit Leben erfüllt und umgesetzt werden. In beiden Fällen ist Skepsis angebracht.

Ob Faymann das heurige Jahr als Kanzler und SPÖ-Chef überleben wird, hängt nicht zuletzt von der Kommunikation der Steuerreform nach innen ab. Vielen in der Partei werden die Maßnahmen nicht weit genug gehen. Die SPÖ wird den Begriff Gerechtigkeit für sich neu definieren müssen. (Michael Völker, DER STANDARD, 13.3.2015)