Reykjavik - Die Regierung Islands hat ihre Bewerbung um einen Beitritt zur EU offiziell zurückgezogen. Außenminister Gunnar Bragi Sveinsson habe den Beschluss am Donnerstag bereits der lettischen EU-Präsidentschaft mitgeteilt, hieß es in einem am Abend verbreiteten Statement des Außenministeriums. Auch die EU-Kommission sei bereits informiert. Island betrachte sich nicht mehr als EU-Kandidatenland und erwarte, dass auch die Union die entsprechenden Schritte setze, hieß es in der Aussendung.

Die Entscheidung, die laut Ministerium bereits am Dienstag in einer Kabinettssitzung fiel, kam nicht unerwartet. Island hatte im Jahr 2009 unter einer rot-grünen Regierung den Antrag in Brüssel gestellt. In den vergangenen Jahren spießten sich die Verhandlungen vor allem im Bereich Fischerei und Landwirtschaft, seit mehr als zwei Jahren lagen sie auf Eis.

Demo gegen Regierungsentscheid

Das Nein der Regierung hat in der Bevölkerung und bei der Opposition Proteste ausgelöst. Vor dem Parlament in der Hauptstadt Reykjavik demonstrierten am Donnerstagabend spontan 200 Menschen, nachdem das Außenministerium die Entscheidung ohne einen Antrag im Parlament verkündet hatte.

Über Facebook verabredeten sich bis zum Freitagmittag rund 2.000 Isländer zu einer Demonstration am Sonntag. Für die Europäische Union (EU) bleibt Island der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini zufolge ein wichtiger Partner.

Die Menschen in dem Land mit rund 320.000 Einwohnern wehren sich vor allem gegen den Alleingang der Mitte-Rechts-Regierung und fordern ein Referendum. "Die Regierung geht in dieser Sache brutal gegen den Willen des Volkes vor", heißt es in der Facebook-Veranstaltung. "82 Prozent wollten laut einer Umfrage darüber abstimmen, und 53.355 haben eine Petition dazu unterzeichnet." (APA, 12.3.2015)