Was die Weisheit der Masse mit ihrer Neigung zur Herdenbildung betrifft, gibt sich Gunter Dueck in seinem Buch Schwarmdumm. So blöd sind wir nur gemeinsam nicht übermäßig zuversichtlich. Wahrscheinlich zurecht. Nachdem man beim Aussteigen aus der Straßenbahn von Lesewütigen beinahe zu Tode getrampelt wurde, ist man jedenfalls bereit, den Thesen des Mathematikprofessors außer Dienst einiges abzugewinnen.
Zu viel Hegelei
Schon Arthur Schopenhauer diagnostizierte vor längerer Zeit zu wenig Kant, zu viel Hegelei und eine Verblödung, die überhandzunehmen drohe. Als seine Welt als Wille und Vorstellung 1818 nach Änderungen am Manuskript, die er sich natürlich verbeten hatte, nicht pünktlich zur Leipziger Buchmesse erschien, schrieb er an Brockhaus: Es handle sich "um ein lange durchdachtes Werk (...), woraus folgt, dass Sie nicht etwa mich anzusehen und zu behandeln haben wie Ihre Konversationslexikons-Autoren und ähnliche schlechte Skribler, mit denen ich gar nichts gemein habe als den zufälligen Gebrauch von Tinte und Feder".
Zur Tastatur hat auch die unweit von Leipzig geborene Dschungelkamp-Königin und Sexspielzeug-Onlinehändlerin Melanie Müller (27) gegriffen. Mach's Dir selbst, sonst macht's Dir keiner heißt ihre Lebensabschnittsbiografie. In der Heckwelle von Fifty Shades surfen zudem Die literarische Sau mit "tief befriedigenden Beiträgen" oder Moritz Netenjakobs Mit Kant-Zitaten zum Orgasmus.
Hardcore der andern Art bei Peer Steinbrück, der hier nach Unterm Strich seine zweite Schrift Vertagte Zukunft vorstellt. "Quo vadis Deutschland?", fragt der deutsche Ex-Finanzminister, der sich gerade für die "Modernisierungsagentur" des ukrainischen Milliardärs Dmytro Firtasch engagiert.
Letzterer weilt in Österreich, wo er - nach einer Hinterlegung von 125 Millionen Euro Kaution - auf sein Auslieferungsverfahren an die USA wartet. (Stefan Gmünder, DER STANDARD, 13.3.2015)