Nicht mehr oft schlafen bis zur großen Ernüchterung, die als große Erleuchtung zu verkaufen die Koalition keine Mühen scheuen wird. Was immer als Steuerreform letztlich herauskommt, die Bevölkerung wird es ohne große Begeisterung hinnehmen, wurde sie doch längst darauf eingestimmt, sich nur ja nichts Besonderes zu erwarten. Wo Erwartungen doch zaghaft geweckt werden sollten, wie es die SPÖ mit ihrer Utopie von einem gerechten Beitrag der Reichen, der diese Bezeichnung verdient, probierte, kam der Dämpfer prompt und wurde - bis zuletzt - ohne größeres Aufmucken akzeptiert. Letztlich ging es wie in jedem Showdown um die Frage, wer hat die besseren Nerven, wenn die Entscheidung ansteht, ob diese Koalition weiterleben oder einen Geist aufgeben soll, dem schöpferische Kraft längst verlorengegangen ist.

Es ist, außer Angst, nicht viel, was Rot-Schwarz zusammenhält, und vor vier Landtagswahlen und einer heraufdämmernden Bundespräsidentenwahl ist sie besonders groß. Das ganze Ausmaß koalitionären Versagens spiegelt sich weniger im mangelnden Zutrauen der Bevölkerung in die Handlungsfähigkeit der Exekutive, sondern darin, wie sich dieser Mangel äußert, nämlich dass eine Oppositionspartei wie die FPÖ heute wieder eine Stärke erreicht, wie sie sie in der Zeit hatte, als ihre Führer Österreich schwerste Schäden zufügen durften, erst seinem internationalen Ruf und dann seiner nationalen Wirtschaft.

Auch der Einzug neuer, konfuser Parteien in den Nationalrat, wie des Teams Stronach oder der Neos, hat kaum etwas mit programmatischer Überzeugungskraft zu tun, sondern so gut wie alles mit dem konstanten Unbehagen an der Koalition - ephemere Erscheinungen im politischen Prospekt, anders als die FPÖ.

Extrem rechte Parteien gibt es auch in anderen Ländern, aber nur selten konnten sie, aus Regierungspositionen heraus, dort so viel Unheil anrichten, wie es den Blau-Orangen hier gelang. Dennoch in Umfragen wieder zur stärksten Partei aufzusteigen oder zumindest gleichauf mit den Regierungsparteien zu liegen ist eine österreichische Besonderheit, hat die Strache-FP neben regelmäßigen rechtsextremen Ausrutschern ihrer Funktionäre, populistischem Gekeife und stark überzogenen Ansprüchen auf alle möglichen Führungspositionen im Staat nichts Konstruktives zu bieten, das dieses Land weiterbrächte und besondere Aufmerksamkeit eines demokratisch reifen Publikums verdiente. Hingegen betätigt sie sich als einschlägige Netzwerkerin, indem sie Kontakte zu Rassisten des Auslands pflegt, zuletzt mit der Einladung des Islamhassers Geert Wilders - natürlich in die Hofburg. Zu Hause wegen Verhetzung angeklagt, als Partner für Strache gerade recht.

Was der FPÖ Zulauf beschert, ist das Misstrauen in eine Regierung, der die Kraft zu Reformen, die den Modernisierungsverlierern der Gesellschaft helfen, weitgehend abgeht und der man aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre die Fähigkeit zur Lösung komplexer Probleme kaum noch zutraut. Die Steuerreform allein, wie immer sie ausfällt, wird daran nichts ändern. Und Angst vor Neuwahlen allein ist kein gutes Motiv, weiterzumachen wie gehabt. (Günter Traxler, DER STANDARD, 13.3.2015)