Am Ufer des Attersees gehen die Wogen hoch: In der kleinen, dank Gustav Klimt weltberühmten Ortschaft Litzlberg zeigt unter anderen Gexi Tostmann der Wiener Ärztekammer klare Grenzen auf.

Gemeinde Seewalchen

Linz – Beschreitet man als Sommerfrischler am Attersee den "Westwanderweg", steht auf Höhe Litzlberg dem imposanten Blick auf Österreichs größtes Binnengewässer samt Höllengebirge im Hintergrund nichts im Weg. Noch. Denn die 18.000 Quadratmeter große Liegenschaft direkt am Wanderweg ist im Besitz der Ärztekammer Wien. Und dort hegt man seit geraumer Zeit Baupläne für eine der wenigen noch großflächig geschlossenen, unverbauten Wiesen in Seenähe.

Erworben hat die Ärztekammer das Top-Grundstück bereits in den 60er-Jahren. Damals zwar als Bauland gewidmet, blieb die 18.000-Quadratmeter-Fläche über Jahrzehnte – aus baulicher Sicht – ungenutzt. 1999 wurde es der zuständigen Gemeinde Seewalchen dann offensichtlich zu bunt, und man beschloss, das brachliegende Bauland im Zuge einer routinemäßigen Überarbeitung des Flächenplans für das gesamte Gemeindegebiet wieder in Grünland rückzuwidmen. Womit der erste Clinch mit der Ärztekammer fix war.

Bauprojekt gescheitert

Diese hatte nämlich im Sommer 1999 zwei Baugesuche für zwei Einfamilienhäuser eingebracht. Letztlich blitzte die Kammer damit aber in drei Instanzen und zuletzt auch vor dem Verwaltungsgerichtshof ab. Man folgte der Gemeindeverordnung, dass auf dem rückgewidmeten Grünland "keine weitere nichtlandwirtschaftliche Bebauung stattfinden darf".

2010 stellt die Ärztekammer dann einen Antrag auf Bauland-Wiederwidmung. Die Gemeinde beauftragt einen Ortsplaner mit einer Prüfung. Dieser rät zu einer Rückwidmung von maximal 12.000 Quadratmetern samt Vorlage eines Bebauungskonzepts. Die Ärztekammer legt konkrete Pläne auf den Tisch: Geplant sind zehn Parzellen, eventuell die Errichtung von Reihenhäusern.

Diese Kunde macht im Ort rasch die Runde – und sorgt vor allem im Seewalchner Traditions-Trachtenhaus von Gesine "Gexi" Tostmann für gehörig Unruhe. Vor der entscheidenden Bauausschuss-Sitzung verfasste nun Juniorchefin Anna Tostmann zu nächtlicher Stunde einen Brief an die Gemeinde. In der Sitzung am Morgen wurde dann ein vorläufiger Widmungsstopp erteilt. "Wir werden uns alles im Zuge einer Flächenplanüberarbeitung noch einmal ansehen. Aber: Wir können nicht alles konservieren, wir sind eine starke Zuzugsgemeinde – wir müssen Entwicklung zulassen", rechtfertigt sich Seewalchens Bürgermeister Johann Reiter (VP) im STANDARD-Gespräch.

Disharmonie bei Welser-Möst

Bei Tostmanns, die Nachbarn der Ärztekammer-Gründe sind, hat man nichts gegen eine Ortsentwicklung, aber: "Wir haben so viel Leerstand im Ort. Bevor man dieses Naherholungsgebiet angreift, sollte man die bestehende Substanz reaktivieren." Gexi Tostmann hat eine Podiumsdiskussion am 17. März angekündigt und eine Bürgerinitiative gegründet. Weiterer prominenter Initiator und ebenfalls betroffener Anrainer ist Dirigent Franz Welser-Möst.

Von der Ärztekammer hagelt es Kritik am Bürgermeister: Dieser habe sich einer Beschlussfassung entzogen, "da, wie er selbst sagt, es sich bei Frau Tostmann um 'eine große Arbeitgeberin in der Region' handle". Außerdem habe Reiter "in einem Telefonat am 23. Februar 2015 der Ärztekammer mitgeteilt, dass im Wahljahr keine Umwidmungen vorgenommen werden". Insgesamt sei die Empfehlung des Ortsplaners zur Umwidmung aber positiv, bleibt man bei der Kammer optimistisch. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD, 13.3.2015)