Wien - Die Universitäten sollen autonom über die Einhebung von Studiengebühren und die Zulassung von Studenten entscheiden können. Diese Empfehlung richtet der Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFT) an die Regierung. "Die Debatte um Gebühren und Zugangsbeschränkungen muss beendet werden", forderte der stellvertretende RFT-Vorsitzende Peter Skalicky am Donnerstag.

Unterdotierung

Der Forschungsrat legte seine Empfehlungen zu Governance- und Managementstrukturen an den Unis vor. "Hier gibt es Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung", sagte RFT-Chef Hannes Androsch. Für den Rat stoßen die Unis bei knappen Budgets und einer steigenden Studentenzahl an Kapazitätsgrenzen in Forschung und Lehre. Im Vergleich zu Hochschulen wie der ETH Zürich oder der Uni München gebe es an den heimischen Unis "Unterdotierung, ungünstigere Betreuungsverhältnisse und höhere Drop-Out-Quoten", so Androsch.

Deshalb empfiehlt der Rat, dass die Unis autonom ihre Kapazitäten in Lehre und Forschung feststellen können. "In Abhängigkeit zu den budgetären Möglichkeiten und im Sinne einer adäquaten Studienplatzfinanzierung, ist die jeweilige Anzahl an Studienplätzen im Rahmen der Leistungsvereinbarungen mit dem zuständigen Ministerium zu verhandeln", lautet die Empfehlung. Für die Zulassung zum Studien sollten die Unis zudem in die Lage versetzt werden, Auswahl- und Aufnahmekriterien zu definieren.

Vertrauen in Unis haben

"Man kann nicht erwarten, dass sich die Unis in ihrem Kerngeschäft Forschung und Lehre wie nachgeordnete Dienststellen verhalten, aber im Drittmittelbereich wie Unternehmer auftreten sollen", sagte Skalicky. Man müsse Vertrauen in die Unis haben, dass dies nicht missbraucht werde. "Es ist nicht einzusehen, dass an den Fachhochschulen ein System klaglos funktioniert und an Universitäten nicht", so Androsch, unter Hinweis darauf, dass Fachhochschulen sich ihre Studenten aussuchen und teilweise auch Studiengebühren einheben können.

Bindender Dreiervorschlag

Weitere Empfehlungen betreffen die Rektorswahl, bei der der Dreiervorschlag der Findungskommission im Gegensatz zur derzeitigen Regelung für den Senat bindend sein soll, mit der Option, dem Uni-Rat maximal zwei weitere Kandidaten vorzuschlagen. Der RFT will weiters die Beratungsfunktion des Senats stärker betonen, operative Belange sollten dagegen alleinig in die Kompetenz des Rektorats wandern. Der Planungshorizont der Entwicklungspläne der Unis sollte auf mindestens zwei Leistungsvereinbarungsperioden erweitert werden. Bei der Leitung großer Organisationseinheiten wie Fakultäten oder Zentren sollten wissenschaftliche und wirtschaftliche Agenden getrennt werden.

Allgemein leidet nach Ansicht Skalickys das Wissenschaftssystem an Geldmangel, vor allem was Infrastruktur betrifft. Das betreffe auch die Berufungspolitik, da Spitzenforscher wegen mangelnder Ausstattung nicht nach Österreich kämen. Androsch ortet zu geringe Dotierung "über den ganzen Bildungsbogen". Mit der Stagnation der Ausgaben im Forschungsbereich sei das in der Forschungsstrategie der Bundesregierung formulierte Ziel, zu den führenden Innovationsländern vorzustoßen, nicht erreichbar, "im Gegenteil, wir fallen sogar zurück". Mit den zusätzlich 615 Millionen Euro für die Unis in der nächsten Leistungsvereinbarungsperiode sei die Unterfinanzierung nicht behoben.

Derzeit nicht umsetzbar

Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) hält vom Vorschlag des Forschungsrats, die Entscheidung über die Einhebung von Studiengebühren den Unis zu überlassen, "in der Praxis wenig". Diese Regelung sei aufgrund mangelnder gesetzlicher Deckung vom Verfassungsgerichtshof erst vor kurzem aufgehoben worden und deshalb derzeit nicht umsetzbar.

Thema für neue Regierung

Er selbst und auch die ÖVP seien zwar für Studiengebühren, so Mitterlehner bei einer Pressekonferenz anlässlich des 650-Jahr-Jubiläums der Uni Wien. In der Koalitionsvereinbarung mit der SPÖ seien diese aber nicht vorgesehen. "In die nächsten Regierungsverhandlungen werden wir das Thema ganz sicher aufnehmen."

Auch Uni-Wien-Rektor Heinz Engl sieht derzeit keinen Diskussionsbedarf: "Wir beschäftigen uns erst damit, wenn klar ist, ob eine Regelung kommt oder nicht." (APA, 12.3.2015)